Der fliegende Holländer

Marcus R. Bosch
Opernchor und Extrachor des Theaters Aachen
Sinfonieorchester Aachen
Date/Location
26 August 2007
Theater Aachen
Recording Type
  live  studio
  live compilation  live and studio
Cast
DalandKrzysztof Borysiewicz
SentaIrina Popova
ErikGary Bachlund
MaryAnnika van Dyk
Der Steuermann DalandsAndreas Scheidegger
Der HolländerWoong-Jo Choi
Gallery
Reviews
klenkes.de

Diese düstere Geschichte inszeniert Alexander Müller-Elmau in teils bedrückenden, teils symbolisch völlig überfrachteten, wenig sinnhaften Bildern zur Eröffnung der neuen Spielzeit am Theater Aachen. In seinem Konzept wird die unvermeidlich erscheinende Verknüpfung der Schicksale des Holländers und der opferbereiten Senta plastisch herausgestellt. Senta scheint quasi eine Marionette in den Händen des Holländers und ihres Vaters, Daland, zu sein. Sehr gelungen ist die Idee Daland und den Holländer gleichsam als Mädchenhändler an den Pranger zu stellen: Gibst Du mir deine Schätze (in diesem Falle ein Mädchen für Daland), gebe ich dir meine Tochter. Die Anspielungen auf totalitäre Systeme, insbesondere den Nationalsozialismus kommen beim Betrachter überzeugend an, wenn auch die Beziehung zum Libretto nicht klar wird. Es scheint ein neuer Modetrend zu sein, jede Wagnerinszenierung mit solchen Anspielungen zu spicken; ob das immer so sinnvoll ist wie beispielsweise beim Lohengrin der letzten Spielzeit, sei in Frage gestellt.

So gut und durchdacht viele der Ideen Müller-Elmaus sind, so gehen sie doch häufig in einem gewollt wirkenden, erschlagenden und unverständlichem Symbolismus unter, etwa wenn Senta fortwährend an ihrem eigenen Grab gräbt, oder die Mädchen aus der Spinnerei die Messer wetzen, mit denen sie am Ende Senta — entgegen dem Libretto — umbringen. Die Bedeutung des dauernden Hantierens mit einem Rollstuhl bleibt beispielsweise vollkommen im Dunkeln. Im letzten Aufzug wird das anfangs eigentlich schaurig-schöne Bild von der Braut Senta in einem chaotischen Wust von Gestalten, mutwilligen Aktionen und unsinnigen Bewegungsabläufen förmlich begraben. Teilweise kommt auch Langeweile auf, ausgelöst durch einen Method-Symbolism ohne erkennbares Konzept, der nur auf die größtmögliche Wirkung der Bilder abzielt. Und so bleibt der Zuschauer mit einem etwas ratlosen Gefühl zurück, ähnlich wie der Holländer, der am Schluss perplex in die Gegend starrt.

Musikalisch ist der Abend teils Genuss, teils Verdruss. Das Orchester unter Marcus R. Bosch, schwingt sich zu Leistungen auf, die den Zuhörer nur noch verzückt zurücklassen — was sind dagegen schon die diversen Berliner und Wiener Philharmoniker! Die Ouvertüre hat man selten so plastisch und mitreißend gehört. Woong-Jo Choi, als Holländer, überzeugt nach anfänglicher Nervosität bei seinem Rollendebüt, auch wenn dieser junge Sänger etwas vorsichtiger an die Zukunft herangehen sollte. Highlight des Abends ist Andreas Scheidegger in der kleinen Rolle des Steuermanns, sängerisch weit aus dem Ensemble herausragend. Während aber Daland (Krysztof Borysiewicz) noch mit sattem, schönen Material überzeugen kann, auch wenn er etwas zu unkontrolliertem „Stimmgeprotze“ neigt, sind Irina Popova als Senta (Warum denn wieder Wagner bei diesem unkontrollierten Tremolo im Forte und Mezzoforte? Die Popova ist nun mal kein dramatischer Sopran.) und Gary Bachlund, der als Erik völlig untergeht, nicht die passende Besetzung für diese Oper. Ein ganz dickes Extralob, mal wieder, für den Chor!

Tanja Sprungala | 26. September 2007

Rating
(4/10)
User Rating
(2/5)
Media Type/Label
Technical Specifications
643 kbit/s VBR, 48.0 kHz, 598 MiB (flac)
Remarks
In-house recording
A production by Alexander Müller-Elmau (premiere)