Lohengrin
Axel Kober | ||||||
Chor und Orchester der Deutschen Oper Berlin | ||||||
Date/Location
Recording Type
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Heinrich der Vogler | Ain Anger |
Lohengrin | Klaus Florian Vogt |
Elsa von Brabant | Anja Harteros |
Friedrich von Telramund | Simon Neal |
Ortrud | Petra Lang |
Der Heerrufer des Königs | Thomas Lehman |
Vier brabantische Edle | Ya-Chung Huang |
Andrew Dickinson | |
Byung Gil Kim | |
Dean Murphy |
One of the main points of interest during my stay in Berlin was the Deutsche Oper’s Lohengrin, mainly due to the superb cast that had been assembled, one of the best today. The performance was fine, but it fell short of my expectations: the minimalist staging holds little interest, the musical direction was unconvincing and the performances were somewhat uneven.
This is the well-known Kasper Holten production which premiered in 2012, replacing the traditional and long-lived Götz Friedrich staging. I saw it a year after its premiere, and did not much care for it then either. The stage is basically naked and enclosed by walls. A large cross serves as a gangplank for Elsa’s appearance, and it descends to the ground for the entrance of Lohengrin and Elsa into the cathedral. The nuptial bed becomes a table or altar for the final scene. The costumes are a mixed bag: the soloists wear medieval costumes, while the chorus is dressed in military uniforms from different eras, but mainly from the First World War.
This is a town in a permanent state of war; the prelude takes place on a battlefield with dead or dying soldiers. Lohengrin is not an ordinary human being but rather a magical character, or some sort of religious idol, and he wears large white wings. Holten, in the God Trial of Act I, makes it clear that Lohengrin acts with magical powers when he uses tricks to disorient and defeat Telramund. At the end, Gottfried is brought to the stage in the arms of his sister, but he is dead – which is not what the libretto indicates.
The conductor, Axel Kober, is currently the musical director of the Deutsche Oper am Rhein. Donald Runnicles’ conducting six years ago was much more convincing than Mr. Kober’s, whose reading was short on emotion and occasionally long on orchestral volume. His leadership was efficient, but one expects more in this Wagner opera. Both the orchestra and the chorus did well, although there were some problems in the first act.
Tenor Klaus Florian Vogt was a magnificent Lohengrin from start to finish. He has been criticized for having an excessively white voice, one not suited for heroic characters, but that is not the case with Lohengrin. His voice is one of the best projected that can be heard today: it runs in an extraordinary way through the house even in the ensembles. In addition, he sings with exquisite taste and has a great command of the character. His ‘In fernem Land’ was thrilling.
I always expect the best from Anja Harteros, but this excellent singer was a little disappointing as Elsa. Things did not run well in Act I, where one had the impression that she was taking precautions with her voice. Her performance clearly improved in the following two acts, although it was not the Anja Harteros of the great days.
Once again, Petra Lang sang the part of Ortrud and, as usual, she was convincing in the role. She is one of the best performers of Ortrud in recent years. Her voice was less attractive than on other occasions and she seemed tighter at the top than before, but she was still an excellent Ortrud.
Baritone Simon Neal as Telramund did not go beyond fulfilling his mission, and was also somewhat tight at the top. Ain Anger as King Heinrich was a bit disappointing. His voice is full enough but I remember a more noble tone from him than the one he exhibited here. Baritone Thomas Lehman was well suited to the role of King’s Herald.
José M. Irurzun | Deutsche Oper, 10.12.2017
Klaus Florian Vogt ist der Lohengrin unserer Zeit
Klaus Florian Vogt ist DER Lohengrin unserer Zeit. Das beweist er immer und immer wieder. So auch an diesem Abend mit Starbesetzung in der Deutschen Oper Berlin.
Wenn er im ersten Akt zur Errettung der unschuldigen Elsa als geflügelte Lichtgestalt erscheint, dann sieht er nicht nur so aus, sondern singt auch wie ein Engel! Die ätherische Reinheit, Zartheit und Schönheit in seiner Stimme sind nicht von dieser Welt.
Es soll ja tatsächlich Leute geben, die Klaus Florian Vogts Gesang eben wegen dieser engels- oder knabenartigen Unschuld ablehnen. Für die meisten anderen ist das der schönste Gesang, den sie je auf Erden gehört haben.
Klaus Florian Vogt, Anja Harteros, Petra Lang, Ain Anger: Dieser Berliner Lohengrin bietet wahrlich eine Spitzenbesetzung! Und die renommierten Namen liefern. Jeder von ihnen gibt eine sehr starke Vorstellung. Einziges Manko ist der Mann am Pult: Axel Kober, ein eigentlich erfahrener Wagner-Dirigent, der diverse Wagner-Opern an renommierten Häusern dirigiert hat, seit 2013 auch in Bayreuth.
An diesem Abend enttäuscht Kober. Während die Ouvertüre noch sehr stark gelingt, so gilt das für den Rest des Abends nicht mehr. Das Dirigat ist etwas zu unruhig und vermag nicht so sehr mitzureißen wie in den anderen Aufführungen dieser Inszenierung unter Donald Runnicles, dem Chefdirigenten des Hauses. Auch ist seine musikalische Leitung weniger sängerfreundlich als unter dem in dieser Aufführung schwer vermissten Runnicles. An einigen Stellen ist das Orchester zu laut und bereitet den hervorragenden Gesangs-Solisten und Chören Probleme, die sie in den Aufführungen unter anderer Führung nicht hatten.
Anja Harteros ist eine der am meisten gefeierten Sängerinnen der Gegenwart. Und sie macht ihre Sache als Elsa auch sehr, sehr gut. Sie zeigt sich auch dem Publikum in Berlin in allen Tonlagen gesangstechnisch perfekt. Nichts wirkt bei ihr angestrengt oder kompromisshaft, ihr Gesang ist außerordentlich variantenreich. Sie wird zu Recht vom Publikum gefeiert. Doch für den ein oder anderen wirkt ihr Gesang zwar extrem kunstvoll und an sich stark, allerdings mit leicht zu wenig Authentizität in der Rolle. Es fehlt ein wenig an glaubhaftem Gefühl und Elsa-Verkörperung in Gesang und Spiel.
Die Star-Sopranistin gab die Elsa von Brabant bereits in der Spielzeit 2014/2015 an der Deutschen Oper Berlin. Anja Harteros übernimmt im kommenden Jahr die Partie der Elsa bei den Bayreuther Festspielen.
Rachel Willis-Sørensen, die in den anderen Aufführungen der aktuellen Saison an der Deutschen Oper Berlin die Elsa spielte, gefiel dem Autoren letztendlich besser. Frau Willis-Sørensen verkörperte darstellerisch und gesanglich ganz exzellent eine reine, unschuldige, romantische, liebessehnsüchtige Elsa von Brabant. Ich habe bei Frau Harteros vor allem ein glaubhaftes Aufbegehren gegen die verordneten Spielregeln ihres Gatten Lohengrin vermisst. Das gelang Rachel Willis-Sørensen sehr schön und glaubwürdig. Besser als Harteros konnte sie auch Hartnäckigkeit, Durchsetzungsstärke und vor allem Aufklärungswunsch auf der Bühne verkörpern. Auch ihr Unglück in der Beziehung zu Lohengrin und ihren Wunsch nach Vertrauen drückte Willis-Sørensen nicht nur auf der Bühne, sondern auch in ihrer Stimme emotionaler und glaubwürdiger aus.
Sehr stark und glaubwürdig ist Simon Neal als Friedrich von Telramund. Vor allem in der Anklage Elsas drückt er gnadenlos gut seine tiefe Überzeugung aus im Recht zu sein. Er hat ja keine Ahnung, nur Marionette der ihn täuschenden und manipulierenden Gattin Ortrud zu sein.
Petra Lang ist eine starke Ortrud in Gesang und vor allem in der Darstellung. Wie schon Anna Smirnova in früheren Aufführungen im aktuellen Berliner Lohengrin spielt sie überaus glaubhaft verschlagen und diabolisch die Schlange, Hexe, Manipulatorin, Machtpolitikerin. Insgesamt gefiel Anna Smirnova gesanglich etwas mehr. Petra Lang ist ganz großartig in den Höhen und höchsten Höhen. In mittleren und tieferen Tonlagen klingt ihre Stimme dünner, schwächer und weniger klangschön.
Ain Anger ist ein herrlicher König Heinrich, großartig in Gesang und Darstellung. Sein Bass klingt heller als bei vielen anderen Kollegen seines Stimmfachs. Er ist vieldimensional, beweglich, klingt schön leicht und elegant, ohne dass es in der Tiefe an Pracht, Wärme und Sonorität fehlt. Einzig diejenigen, die im November Günther Groissböck in der Rolle erlebten, konnten etwas vermissen. Der wunderbare Ain Anger begeistert und beweist in den verschiedensten Wagner-Partien immer wieder, dass er zu den besten Wagner-Bässen der Welt gehört. Nur wer Günther Groissböck am 12. Novemer auf der selben Bühne in dieser Rolle erlebte, konnte überhaupt auf die Idee kommen etwas zu vermissen. Da war der Österreicher so unfassbar und strahlend gut und bewies sich als wahrlich unübertreffbare König Heinrich-Referenz.
Das Publikum ist zu Recht begeistert von den Gesangsleistungen aller Akteure. Der Dirigent bekommt für seine Leistung an dem Abend ein paar Buh-Rufe zu hören.
Sebastian Koik | 19. Dezember 2017