Die Meistersinger von Nürnberg

Philippe Jordan
Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele
Date/Location
24 August 2021
Festspielhaus Bayreuth
Recording Type
  live  studio
  live compilation  live and studio
Cast
Hans SachsMichael Volle
Veit PognerGeorg Zeppenfeld
Kunz VogelgesangTansel Akzeybek
Konrad NachtigallArmin Kolarczyk
Sixtus BeckmesserJohannes Martin Kränzle
Fritz KothnerWerner Van Mechelen
Balthasar ZornMartin Homrich
Ulrich EißlingerChristopher Kaplan
Augustin MoserRic Furman
Hermann OrtelRaimund Nolte
Hans SchwartzAndreas Hörl
Hans FoltzTimo Riihonen
Walther von StolzingKlaus Florian Vogt
DavidDaniel Behle
EvaCamilla Nylund
MagdaleneChrista Mayer
Ein NachtwächterGünther Groissböck
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Reviews
Online Musik Magazin

Spuk im Museum

Nachdem 2020 die Bayreuther Festspiele pandemiebedingt abgesagt werden mussten, können sie in diesem Jahr, wenn auch unter strengen Auflagen und in eingeschränktem Umfang, wieder stattfinden. So können pro Vorstellung nur 911 Plätze angeboten werden. Sieht man allerdings davon ab, dass jeweils der Platz rechts und links und in der Regel auch direkt vor oder hinter einem frei bleibt und man weniger beengt sitzt, als man es sonst aus Bayreuth gewohnt ist, wirkt der im Schachbrettmuster gefüllte Saal dennoch relativ voll. Der Chor kann nicht auf der Bühne singen, sondern wird aus Plexiglasboxen aus dem Chorsaal eingespielt, während ein Teil der Choristen auf der Bühne agiert, ohne zu singen. Das Programm ist ein bisschen ausgedünnt worden, da der für 2020 geplante neue Ring aus organisatorischen Gründen auf 2022 verschoben werden musste. So gibt es neben der Premiere des fliegenden Holländers und der Wiederaufnahme des Tannhäuser in diesem Jahr zum letzten Mal Barry Koskys Inszenierung der Meistersinger von Nürnberg zu erleben, die 2017 ihre Premiere feierte.

Wagners “komische Oper” Die Meistersinger von Nürnberg gilt wohl als eines der problematischsten Stücke des deutschen Komponisten, was unter anderem auch in der Rezeptionsgeschichte begründet sein dürfte. Kein anderes Werk ist von den Nationalsozialisten mehr für Propagandazwecke missbraucht worden als eben diese Meistersinger. So wurde darin das “Heil der deutschen Kunst” bei den damaligen “Kriegsfestspielen 1943 und 1944” zur “Erbauung der deutschen Soldaten” mit einem idealisierten Nürnberg gefeiert, das den deutschen Geist gegen die Anfeindungen von außen bewahren sollte. Nicht von ungefähr wählten die Nationalsozialisten für ihre Reichsparteitage eben diese Stadt aus, die für die Utopie eines deutschen Ideals bzw. Paradieses stand. Auch die Rassengesetze wurden hier verabschiedet, und es wird immer noch diskutiert, welchen Einfluss der bekennende Antisemit Wagner wohl auf diese Entwicklung gehabt haben mag, auch wenn die Oper weit vor dem Erstarken der Nationalsozialisten entstand. Barry Kosky hält es in seiner Inszenierung mit Hans Sachs (“Verachtet mir die Meister nicht!”) und durchleuchtet die Rezeptionsgeschichte des Werkes einerseits und Wagners Selbstinszenierung in dieser Oper andererseits.

So beginnt der erste Aufzug in Wagners Villa Wahnfried an einem August-Nachmittag im Jahr 1875. Richard Wagner hat seinen Schwiegervater Franz Liszt und den Dirigenten Hermann Levi zu einer Lesung der Meistersinger eingeladen. Während Liszt die Rolle des Veit Pogner übernimmt und Levi die unliebsame Partie des Sixtus Beckmesser zugedacht ist, was auf Wagners Verachtung des jüdischen Dirigenten anspielt, den er für das Dirigat des Parsifal dazu zwang, zum christlichen Glauben zu konvertieren, schlüpft Wagner selbst in die Rollen von Hans Sachs, Walther von Stolzing und David, die wohl alle einen Teil seines Lebens widerspiegeln. Der Lehrbube David steht für den jungen Komponisten, der mit seinen Frühwerken Die Feen und Das Liebesverbot noch nicht zu seiner späteren Größe gefunden hat, der ungestüme Stolzing stellt den Revolutionär Wagner da, der gegen verkrustete Strukturen aufbegehrte, und Sachs schließlich markiert den reifen Wagner, der sich in Wahnfried sein paradiesisches Ideal geschaffen hat, in dem er sich selbst als Künstler inszenieren kann. Deswegen ist er es auch, der hier zur Lesung empfängt, während Stolzing und David im Wagner-Kostüm dem Klavier, also gewissermaßen der Musik, entsteigen. Außerdem treten auch noch zwei kleine Wagnerfiguren in Kindergröße auf, die auf Levis und Liszts Schoß Platz nehmen und vielleicht für Wagners Kinder stehen, die er nicht nur nach seinen Bühnenfiguren benannt hat, sondern die auch häufig in seine Rollen schlüpfen mussten.

Kosky arbeitet in einer ausgefeilten Personenregie die Beziehungen der Personen zueinander sorgfältig heraus. Besonders deutlich wird Wagners respektlose Umgang mit Levi, den er für völlig ignorant hält. So kann Levi beispielsweise die in dem Vorspiel eintreffenden Parfums gar nicht riechen. Die Szene in der Katharinenkirche findet dann als Gottesdienst in der Villa Wahnfried statt. Auch hier wird Levi von Wagner drangsaliert, da er mit den christlichen Bräuchen nicht vertraut ist. Die übrigen Meister treten in historischen Kostümen auf und karikieren in ihren slapstickartigen Bewegungen die jahrelange konventionelle Aufführungspraxis, die besonders in den Meistersingern bis über den 2. Weltkrieg hinaus zelebriert worden ist. Dass Stolzings Vortrag nicht nur von Beckmesser getadelt sondern auch von den übrigen Meistern abgelehnt wird, spielt darauf an, dass auch Wagner zu Beginn seiner Karriere nicht überall auf Gegenliebe gestoßen ist. Nur Hans Sachs erkennt bereits zu Beginn das Talent, was in diesem jungen Mann schlummert, was kein Wunder ist, da ja beide Teil einer Person zu sein scheinen. So passt es auch, dass beide Männer Eva lieben, die auch aus biographischer Sicht mit Cosima gleichzusetzen ist. Wagner hat in ihr unter anderem seine “Eva”, das Urweib, gesehen. Am Ende des ersten Aufzugs wird die Bühne nach hinten gefahren und ein US-amerikanischer GI tritt auf. Jetzt wirkt der Salon der Villa Wahnfried wie ein Raum in einem Museum, das von einem Museumswärter bewacht wird, ohne dass dieser merkt, dass die Figuren in dem Raum zum Leben erwacht sind.

Im zweiten Akt verwandelt sich die Bühne dann in einen Sitzungssaal, in dem nach dem Krieg die Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse stattfanden. Zunächst ist der Saal nicht direkt als solcher zu erkennen. Aufgetürmt befinden sich hier die Möbel, die man im ersten Aufzug in der Villa Wahnfried gesehen hat. Wir befinden uns scheinbar mitten im 2. Weltkrieg, als das Mobiliar aus dem Haus Wahnfried geschafft worden ist. Die Prügelszene mündet nun in eine Art Reichspogromnacht, an deren Ende Beckmesser nicht nur heftige Schläge bezieht und unter dem Bildnis Wagners begraben wird, sondern auch zu einem sogenannten Stürmerjuden degradiert wird, indem ihm eine riesige Fratze als Kopf aufgesetzt wird. Das Spiel wird noch weiter getrieben, indem aus dem Zeugenstand des späteren Gerichtssaals eine riesige aufblasbare Fratze entsteht, die erst beim zweiten Ruf des Nachtwächters in sich zusammenfällt. Nur der riesige Judenstern auf dem Kopf der Fratze bleibt in seiner Größe erhalten. Es ist konsequent, dass der dritte Aufzug dann während der Nürnberger Prozesse spielt, bei denen die nationalsozialistischen Verbrecher zur Rechenschaft gezogen werden sollten und den Opfern zu ihrem Recht verholfen werden sollte. Hier lässt Kosky sechs kleine Juden mit großen Köpfen auftreten und Beckmesser im Zeugenstand vereinnahmen. Damit spielt er wohl auf ein antisemitisches Gesellschaftsspiel aus den 1930er Jahren an, bei dem man eine Stadt von den dort ansässigen Juden befreien musste. Bitter ist, dass Beckmesser nicht zu seinem Recht kommen wird, sondern aus dem Saal getrieben wird, was wohl andeutet, dass auch zahlreichen Opfern keine Gerechtigkeit widerfahren ist. Was allerdings die Harfenistin Helga Beckmesser (Manuela Randlinger-Bilz mit komödiantischem Spiel bei Beckmessers missglücktem Vortrag) auf der Bühne soll, erschließt sich nicht.

Auch während des ganzen Prozesses steht der US-amerikanische GI regungslos im Geschehen und scheint das Treiben um ihn herum gar nicht zu bemerken. Hans Sachs verwandelt sich nun wieder in Richard Wagner, der sich mit den Worten von Sachs “Ich bin verklagt und muss besteh’n: drum lasst mich meinen Zeugen auserseh’n!” scheinbar ebenfalls dem Prozess stellen muss. Stolzing, also Wagner selbst, rehabilitiert Sachs dann mit der perfekt vorgetragenen Melodie, die die übrigen Meister und den Gerichtssaal ins Staunen versetzt. Doch die Ehrung dafür lehnt er ab und verlässt mit Eva und den übrigen Meistern die Bühne. Sachs bleibt allein auf der Bühne zurück und hält im Zeugenstand mit “Verachtet mir die Meister nicht!” eine Art Verteidigungsrede. Am Ende werden die Wände im Hintergrund hochgefahren, und ein Orchester wird auf die Bühne geschoben, dass Sachs als Wagner am Schluss dirigiert. So schließt sich der Kreis, und Koskys Lesart bleibt der vollständigen Selbstinszenierung Wagners behaftet.

Musikalisch gibt es im letzten Jahr nicht viel Neues. Michael Volle begeistert erneut als Hans Sachs mit wohltönendem Bass, guter Textverständlichkeit und wunderbarem Spiel. Klaus Florian Vogt legt den Walther von Stolzing wieder strahlend und lyrisch an. “Morgenlich leuchtend im rosigen Schein” wird in seiner Interpretation erneut zu einem musikalischen Höhepunkt der Oper. Georg Zeppenfeld und Günther Groissböck haben in diesem Jahr die Rollen getauscht. Während Zeppenfeld 2017 noch alternierend als Nachtwächter aufgetreten ist, übernimmt er nun die Partie des Veit Pogner von Groisböck, der in diesem Jahr als Nachtwächter zu hören ist. Zeppenfeld punktet mit sonorem, dunklem Bass und ebenfalls großer Textverständlichkeit. Johannes Martin Kränzle kann krankheitsbedingt die Partie des Beckmesser nicht singen. Während er bei der ersten Aufführung in diesem Jahr noch szenisch agiert und Bo Skovhus die Partie von der Seite eingesungen hat, hat Skovhus bei dieser Aufführung auch die szenische Interpretation übernommen. Dass er dabei nicht immer textverständlich ist, mag man ihm nachsehen. Immerhin ist es ihm in kürzester Zeit gelungen, die Rolle mit bitterem Spielwitz anzulegen. Camilla Nylund überzeugt als Eva mit leuchtenden Höhen, könnte aber auch an der Textverständlichkeit noch etwas feilen. Christa Mayer und Daniel Behle lassen als Magdalene und David ebenfalls keine Wünsche offen. Bei dem von Eberhard Friedrich einstudierten Chor fällt nicht auf, dass der singende Teil nicht auf der Bühne steht, sondern nur eingespielt wird. Die Abstimmung mit dem Orchester darf also als perfekt bezeichnet werden. Philippe Jordan verzichtet mit dem Orchester der Bayreuther Festspiele auf ein – wie Ernst Bloch es einst formulierte – “Stahlbad in C-Dur” und findet einen geschmeidigen Zugang zu dem Werk, der die musikalischen Finessen der Partitur differenziert herausarbeitet. So gibt es am Ende tosenden Applaus für alle Beteiligten, bei dem nicht auffällt, dass das Festspielhaus nur zur Hälfte besetzt ist.

FAZIT
Auch im letzten Jahr überzeugt Koskys Regie-Ansatz bei den Meistersingern, indem er geschickt Biographisches und Rezeptionsgeschichte mit dem Geschehen in der Oper verwebt.

Thomas Molke | Festspielhaus Bayreuth am 1. August 2021

nmz.de

Abschied von „Die Meistersinger von Nürnberg“ bei den Bayreuther Festspielen

Nach einjähriger Zwangspause steht bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen Barrie Koskys hoch gelobte, gleichermaßen spielfreudige wie politisch ungewöhnliche Inszenierung der „Meistersinger von Nürnberg“ wieder – und zugleich auch letztmals – auf dem Programm: ein Abschied mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Der zweite Tag der Festspiele, der vor Vorstellungsbeginn mit heftigem Regen begann, stand wohl atmosphärisch zunächst unter keinem guten Stern; später wandelte er sich doch noch zu einem schwülen Sonnennachmittag, und zugleich verbesserte sich die Qualität der Aufführung. Am Ende des ersten Aufzugs jedoch war der Rezensent fest entschlossen, seinen Bericht über diese „Meistersinger“-Premiere mit „Die Meister-Schmeißer von Bayreuth“ zu überschreiben, zumal die Fülle an Konzentrationsfehlern und schweren Schmissen namhafter Solisten das akzeptable Maß weit überschritten hatte.

Zunächst hatte es sogar so ausgesehen, als müsste die Vorstellung mit Verspätung beginnen, zumal Martin Kränzle von Heiserkeit befallen wurde und Bo Skovhus als singender Ersatz für die Partie des Beckmesser aus Wien eingeflogen werden musste. Die Besetzungszettel wurden daher auch erst kurz vor Beginn der Aufführung ausgegeben (doch damit immerhin noch früher als bei der Wagner-Oper für Kinder, wo den Besucher*innen offenbar vermittelt werden soll, ein Programmheft diene nicht der Einführung und Kenntnis der Besetzung, sondern sei ausschließlich eine Erinnerungsgabe).

Die zunächst im Saal von Haus Wahnfried spielende Lesart Barrie Koskys, mit einem vervielfachten Richard Wagner, mit Cosima und Franz Liszt, sowie dem aus München zu Besuch in Bayreuth weilenden jüdischen Dirigenten Hermann Levy, beginnt damit, dass Wagner die von ihm ausgeführten Hunde Molly und Marke in den Saal bringt und ein Kammermädchen den Neufundländern hinterherputzt. Obgleich es auf dem Festspielhügel noch nie so viele Hunde gab wie in diesem Jahr, scharfe Spürhunde der Polizei, die heftig bellen und hechelnd nach Drogen und Sprengstoff schnüffeln, wurde offenbar der Auftritt der beiden Neufundländer auf der Bühne untersagt, die diese Besonderheit erklärende Text-Projektion aber eben so wenig verändert wie das Spiel rings um die Hunde.

Der sich stimmlich kraftvoll zu einem jungen Stolzing entwickelnde Daniel Behle als David bewies unabsichtlich seine noch nicht zur Meisterreife ausreichenden Fähigkeiten mit der misslungenen Aufzählung der Weisen. Georg Zeppenfeld als Pogner in Lisztmaske rutschte zu früh in eine übernächste Gesangsphase, wunderte sich über das musikalisch überhängende Orchester und begann schließlich erneut mit der zu früh gesungenen Sentenz. Am Rand des Dekorationsrahmens der auf einem Wagen positionierten Dekoration des ersten Aufzugs, sang der stimmliche Beckmesser-Einspringer mit Notenpult in einem milden Spot, heftig mitgestikulierend und dirigierend, aber gleichwohl mit diversen Errata und falschen Einsätzen für den in gewohnter Spiellaune agierenden Martin Kränzle.

Hingegen bereits im ersten Aufzug souverän gestaltete Michael Volle den Hans Sachs und der immer mehr in sein schon früh interpretiertes jugendliches Heldenfach hineingewachsene Klaus Florian Vogt den Walther von Stolzing. Mit noch gesteigert dargebotenem Aktionismus, slapstickartig mit den Löffeln laut gegen ihre Kaffeetassen schlagend, in den Polstersesseln hopsend und ihre langen Meister-Haare in die Luft werfend, suchte das großartige Sängerdarsteller-Ensemble der sehr individuell ausgeprägten Meister so manche musikalische Panne zu überspielen.

Nachdem in diesem Jahr das große Selbstbedienungsrestaurant auf dem Festspielhügel geschlossen ist, sind diverse Fastfood-Buden in einer Wagen-Reihe auf der linken Seite des Festspielhauses aufgebaut: ein Eindruck, der zu einer klassischen Festwiese in den „Meistersingern“ durchaus passen würde (auch wenn die überhöhten Preise der Idee der Volksoper ebenso widersprechen wie der grundsätzlichen Idee Richard Wagners, seine Kunst möglichst zum Nulltarif an den Mann und an die Frau zu bringen). Die Bühnendekoration des dritten Aufzugs in Barrie Koskys Sicht, die der Nürnberger Prozesse, findet dann schon eher eine Entsprechung in den auch im Catering-Außenbereich geltenden strikten Restriktionen, etwa einer strikten One-way-Auflage für die lustwandelnden Besucher*innen.

Martin Kränzle machte das Beste aus seiner Situation, aber die in dieser Produktion häufig eingesetzten Stimmverfärbungen, etwa die köstliche, jiddelnde Diktion des Merkers, gingen am Premierenabend durch das singende Double zwangsläufig verloren. Mit Situationskomik geschult, bezog Kränzle den Satz „am End‘ denkt sie gar, dass ich das sei!“ deutlich auf seine im zweiten Akt sich am linken Bühnenrand um Text und Töne mühenden Kollegen.

Genussreich, wie Dirigent Philippe Jordan ungewöhnliche Tempoverschiebungen zugunsten des Spiels, bis hin zur Karikatur überzieht, etwa in Sachs‘ Lied von der aus dem Paradies verstoßenen Eva.

Nach einer stringenten Konsolidierung der Qualität im zweiten Aufzug – auch durch Camilla Nylund als Eva und Christa Mayer als kicherfreudige Magdalene – brachte der dritte Aufzug dann eine große Steigerung, insbesondere getragen durch die durchgeistigte, sehr differenzierte Anlage der Partie des Hans Sachs durch Michael Volle. Auch der Dirigent Philipe Jordan lief hier zu großen Format auf, mit ungewöhnlich langer Generalpause vor der traumhaft changierenden Musik des mittsommernächtlichen Kobolds in Sachs‘ Wahn-Monolog.

Am Ende feierte das Publikum Volle mit Standing Ovations, Fußtrampeln und rhythmischem Applaudieren. Unverständlich erschienen dem Rezensenten einige Buhrufe gegen den Dirigenten. Buhrufe schollen auch für Regisseur Barrie Kosky – offenbar von Besuchern, die diese Inszenierung im Abschiedsjahr zum ersten Mal erlebten.

Eberhard Friedrich und der von ihm einstudierte Festspielchor hingegen erhielten diesmal ungetrübte Zustimmung. Der akustische Eindruck des Chores war viel besser als am Vorabend, was daran liegt, dass die vierzehn Lehrbuben live singen und dass beim „Wach auf“-Chor auch alle auf der Bühne versammelten Solist*innen mit einstimmen, so dass die vom Chorsaal zugespielte Klangmischung der dortigen Einzelstimmen nur eine zusätzliche Verstärkung darstellt. Aber auch strukturbedingt fällt die Aufteilung in eine auf der Bühne ausschließlich agierende und in eine offstage ausschließlich singende Chorhälfte bei Wagners „Meistersinger“-Partitur weniger störend ins Gewicht – problematisch zwar bei der Prügelfuge im zweiten Aufzug, aber gelungen bei den Zunftchören und am Ende der Oper.

Peter P. Pachl | 27.07.2021

Rating
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Media Type/Label
Technical Specifications
320 kbit/s VBR, 48.0 kHz, 635 MByte (MP3)
Remarks
In-house recording from the Bayreuth festival
A production by Barrie Kosky (2017)