ZIEL: HUMANITÄT
Es ist ein Vermächtnis des großen Theater-Humanisten Götz Friedrich: Legende und Gegenwart treffen aufeinander, und es geht nicht um die Erlösung des individuellen Erlösers, sondern um die Zeitlosigkeit des Humanen innerhalb unserer Zeit. In drei kommunikativ unterscheidbaren Epochen handeln die Personen in gestalteter Alltagskommunikation, in extremer Distanz, in engster persönlicher Zuwendung.
Das klar konturierte Bühnenbild Andreas Reinhardts bietet die dazu assoziierende Bilderwelt mit zerbrechenden Platten.
Und Christian Thielemann zelebriert dazu mit dem sensibel reagierenden Orchester die erlösungstrunkenen Klangwelten Wagners, weitab von jeder Apologetik irgendwelchen Sektierertums – hochdifferenziert erklingt das Hohelied des Friedens, bewegend-pathetisch , aber ohne den Gestus des Triumphierend-Monumentalen.
Gesungen wird auf selten hörbarem höchsten Niveau: das beginnt mit dem stimmlich faszinierenden Titurel des jungen Hans Griepentrog, findet in der sängerich-darstellerischen Hochform von Matti Salminen seinen Kommentar und im vokalen Timbre Eike Wilm Schultes den leidenden Amfortas. Die Kundry Linda Watsons bringt die verzweifelt-begehrend entsagenden Zustände in hinreißender Sensibilität mit strömendem Sopran ins Publikum, und Robert Dean Smith gibt dem suchenden Parsifal die Stimme des zurückgehaltenden Heldentenors mit prononzierender Artikulation.
nszenierungskonzept, Personenführung, Bühne, Orchester und perfektes Ensemble lösen im heterogenen Publikum – Stammgäste, Touris, Connaisseurs – ungewöhnliche Formen der Begeisterung aus: standing ovations!
Franz Stuke | 4. 8. 2001