Parsifal

Semyon Bychkov
Chor und Orchester der Bayreuther Festspiele
Date/Location
19 August 2019
Festspielhaus Bayreuth
Recording Type
  live  studio
  live compilation  live and studio
Cast
AmfortasRyan McKinny
TiturelWilhelm Schwinghammer
GurnemanzGünther Groissböck
ParsifalAndreas Schager
KlingsorDerek Welton
KundryElena Pankratowa
GralsritterMartin Homrich
Timo Riihonen
Gallery
Reviews
nmz.de

Zerbrochener Speer als Kreuz

Ein insgesamt großer Abend und ein musikalisches fesselndes Ergebnis des „Parsifal“ unter Semyon Bychkov, in einer nicht unproblematischen Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg, an welcher der Regisseur auch in diesem Jahr merklich weitergearbeitet und Modifikationen gesetzt hat. Peter P. Pachl hat für uns die Premiere der Neuinszenierung besucht.

Wenig an Kraft gewonnen hat der erste Aufzug des „Parsifal“, mit dessen Neuinszenierung – vor nunmehr vier Jahren – der Regisseur Uwe Eric Laufenberg an die Situation der Flüchtlingsströme angeknüpft hatte mit dem Ins-Bild-Rücken eines unvermittelten Zusammentreffens von Ordensmitgliedern, Flüchtlingen und einer Soldateska im nahen Osten. In der vergitterten Kuppel des Doms (Bühne: Gisbert Jäkel) saß ursprünglich nur eine Puppe, die von manchen als Gott – im Sinne von Nietzsches „Gott ist tot“ – rezipiert worden war; diese wurde zwischenzeitlich ergänzt durch einen Knaben mit einem Hirtenstab, was die Deutung als Gottvater und seinem Stellvertreter auf Erden weiter zu stützen schien. In diesem Jahr ist eine dritte Figur hinzugekommen, nunmehr also ein Elternpaar mit Kind. Das deutet dann in Richtung der Schlusswendung von der hier mehrfach alludierten Vorgänger-Inszenierung von Stefan Herheim, der seine epochale „Parsifal“-Deutung mit der Familienaufstellung Kundry und Gurnemanz als Eltern und Parsifal als Kind geendet hatte.

Weitere Parallelen zu dessen Inszenierung sind das parallel zum Schwan erschossene Kind im ersten Aufzug und dann, bei der Verwandlungsmusik im dritten Aufzug, die Projektion der Totenmaske von Richard Wagner, hier ergänzt um die Gesichter von Winifred Wagner und Wolfgang Wagner, ebenfalls zu Totenmasken gerinnend; gleichwohl fehlen in dieser Bilderfolge die Gesichter von Cosima, Siegfried und Wieland Wagner. So erscheint diese Bebilderung als ein arg beliebiges Füllsel, dem sich – wie in Max Reinhardts „Mirakel“-Verfilmung – die Projektion einer läutenden Glocke überlange anschließt, als eine noch fragwürdigere Tautologie von Bild und Ton (zu den Klängen der Gralsglocken auf der Bühne).

Stimmgewaltig: Derek Welton
Positiv ins Gewicht fällt Laufenbergs Personenführung, insbesondere im zweiten Aufzug. Stimmgewaltig Derek Welton als ein mit Phalluskreuzen, Gebetsteppich und Flagellationspeitsche agierender Klingsor. Wie stark die Regiearbeit an einer Rolle die stimmliche Gestaltung der Protagonisten positiv zu beeinflussen vermag, ist – insbesondere gemessen an deren Leistung als Ortrud – an Elena Pankratovas Kundry-Gestaltung zu ersehen: mit sinnlichen Piani und einer stimmlich fesselnden Intensität, überzeugend in zärtlichen Momenten wie in dramatischen Ausbrüchen. Selbst wenn ihre Stimme einmal den erforderlichen Sprung nicht ganz schafft („Gott-heit erlangen“), drückt sie im letzten Moment kunstvoll nach und erreicht die vorgeschriebene Tonhöhe. Nur dass in diesem Akt der Souffleur (Luciano Golino) lauter zu hören ist als sonst in Bayreuth üblich, stört den Gesamteindruck.

Günter Groissböck vermag in der detailliert ausgearbeiteten Partie des Gurnemanz voll zu überzeugen. Als Amfortas, der als gefesselter Gast immer wieder an den Ort seiner Verführung durch Kundry zurückkehrt, ist Ryan Mckinny stumm zu erleben und läuft im Schlussakt auch vokal zu großen Format auf. Aber Richard Wagners Bühnenweihfestspiel steht und fällt mit der Titelpartie. Andreas Schager ist ein hinreißender Parsifal, in seiner suchenden Verspieltheit des Toren im ersten Akt, seiner Empathie mit dem Gralskönig bis hin zur körperlichen Übelkeit bei Amfortas‘ Blutfluss, den die Gralsritter in ihren Gläsern konsumieren. Leider bekommt der Parsifal in dieser Inszenierung – aufgrund eines Abgangs zum Kostümumzug (des Wechselns der nassen Unterwäsche beim Bad mit den Blumenmädchen) – entscheidende Aussagen Kundrys, auf die er später konkret Bezug nimmt, nicht mit; aber in jenen Momenten, in welchen ihm die Regie auf der Szene zu sein erlaubt, ist er zum echten Helden gereift, voll im Einsatz seiner strömenden stimmlichen Mittel. Seine kluge Disposition und Durchschlagskraft machen Lust darauf, diesen jugendlichen Heldentenor in Bayreuth bald schon als Siegfried zu erleben.

Klingsors sechs Solo-Zaubermädchen, zunächst in Burkas, dann in Nacht- und Badekleidung, tauchen in verändertem Kostüm auch im dritten Aufzug beim Karfreitagszauber auf, von Parsifal in den Arm genommen und zärtlich behandelt; doch erst beim Applaus wird klar, dass diese sechs Damen – im Gegensatz zu den nackten Darstellern beim tropischen Regen und einigen weiteren Begleitfiguren (und auch hier einem Elternpaar mit Kind!) – Solistinnen sind.

Semyon Bychkov hat mit dem Orchester sehr detailliert gearbeitet. Er versteht es, im langen ersten Aufzug immer neue Spannungsbögen aufzubauen. Das vom Altartisch als Flug ins All und zurück gedeutete Zwischenspiel der Verwandlungsmusik wird vom Dirigenten analog dieser Lesart mitvollzogen. Der zweite Akt ist erotisch spannungsgeladen. Mit breitem Tempo unterstreicht der Dirigent eine einsame, aber sinnfällige Parallele zur Grals-Erzählung im „Lohengrin“, Parsifals „Mit diesem Zeichen bann‘ ich deinen Zauber“, und betont so, dass Parsifals Zielsetzung nicht auf die Zerstörung des Klingsor-Reiches zielt (wie man es andernorts bisweilen erleben kann), sondern auf die Zerstörung des um die Gralsgüter errichteten Brimboriums. Deshalb zerbricht er in Laufenbergs Inszenierung an dieser Stelle bereits den Speer; diesen formt er dann zum Kreuz, um die beiden Stücken schließlich, am Ende der Handlung, auch in den Sarg mit der Asche von Titurel zu entsorgen.

Weniger stark gelingt Bychkov der Karfreitagszauber – aber auch dies in Analogie zur Szene, die etwas zerfahren wirkt. So erweist sich dieser Dirigent tatsächlich als ein die Szene musikalisch vermittelnder Interpret in jenem Sinne, in dem Richard Wagner den Orchesterleiter verstanden wissen wollte. Wie auch am Ende, als es in dieser Inszenierung darum geht, die Heils- und Hoheitszeichen der Religionen abzulegen und zu Grabe zu tragen – eine ganz andere Art der Grals-Enthüllung, als ein das Licht ins Denken rückender Vorgang.

Dieses Licht erhellt dann von der Bühne aus schon sehr früh in der Schlussszene den gesamten Zuschauerraum. Und da es keinen Schlussvorhang oder szenischen Endpunkt gibt, geht die Handlung nahtlos in die Applausordnung über, und das Publikum im Parkett bleibt bis zum Ende des gemeinsamen Beifalls auf seinen Plätzen sitzen.

Berechtigter Jubel für alle Sängerleistungen, inbegriffen den von Eberhard Friedrich einstudierten. wieder großartig differenziert singenden Festspielchor. Auch das Regieteam durfte diesen Applaus am Premiereabend der Reprise ohne Widerspruch entgegennehmen.

Peter P. Pachl | 1.08.2019

Online Musik Magazin

Erlösung von der Religion

Richard Wagners letztes Bühnenwerk Parsifal mag sicherlich das originärste Stück sein, das bei den Bayreuther Festspielen aufgeführt wird. Schließlich hatte Wagner das Bühnenweihfestspiel, wie er selbst es nannte, eigens für das Festspielhaus komponiert und untersagt, dass dieses Werk außerhalb Bayreuths überhaupt zur Aufführung kommt. Auch seine Witwe Cosima hatte 1913 eine Petition bei Kaiser Wilhelm II. eingereicht, die Schutzfrist, die damals 30 Jahre nach dem Tod des Komponisten auslief, zu verlängern. Ihr Ansinnen war allerdings nicht von Erfolg gekrönt, so dass Parsifal seitdem auch die anderen Opernbühnen eroberte und sich einen festen Platz im Repertoire erarbeitete, auch wenn das musikalische Erlebnis im Festspielhaus durch die besondere Akustik für viele Wagner-Anhänger immer noch etwas ganz Besonderes darstellt, was andernorts schwer einzufangen ist. Die Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg steht nun bei den Festspielen im vierten und gleichzeitig letzten Jahr auf dem Programm. Da 2020 ein neuer Ring geschmiedet wird, muss man sich folglich 2019 neben Tristan und Isolde auch vom Parsifal verabschieden.

Nachdem von Christoph Schlingensiefs Inszenierung 2004 bis 2007 vor allem der verwesende Hase im Gedächtnis geblieben ist und Stefan Herheim in seiner Regie in der Folgeproduktion, die von 2008 bis 2012 lief, die deutsche Geschichte Revue passieren ließ, konzentriert sich Uwe Eric Laufenberg auf die Bedeutung der Religion im Allgemeinen. Dafür siedelt er die Geschichte in der Gegenwart irgendwo im Irak an. In einem heruntergekommenen Gotteshaus bieten die Gralsritter schon während der Ouvertüre zahlreichen Schutzsuchenden Zuflucht. Wenn sich der Vorhang hebt kündet die Sonne, die durch ein Loch in der von einem Bombenangriff beschädigten Decke hinein scheint, den Beginn eines neuen Tages an. Die Flüchtlinge, die ihr Lager auf zahlreichen Liegen aufgeschlagen haben, werden von den Gralsrittern aufgefordert, sich mit ihren Liegen zurückzuziehen, bevor patrouillierende Soldaten mit Maschinengewehren den Raum inspizieren. Hinter der Apsis sieht man einen Zaun, der das Gebäude einschließen mag. Diese kleine christliche Gemeinde ist in Bedrängnis. Ob sie sich allerdings wirklich für das Schicksal anderer Menschen interessiert, ist fraglich. Dem von Parsifal getöteten Schwan wird nämlich wesentlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt als einem kleinen Jungen, der kurz vor dieser Szene in den Kirchenraum läuft und tot zusammenbricht. Einzig Kundry, die in dieser Szene wie eine Beduinin gekleidet ist, da sie gerade für den wunden Amfortas ein heilendes Kraut aus Arabien besorgt hat, scheint Anteil am Schicksal des Jungen zu nehmen.

In der von Gisbert Jäkel in der Mitte der Bühne gestalteten Apsis dominiert ein riesiges Taufbecken die Szene, das für die Gralsenthüllung nach vorne gezogen wird und eine durchaus fragwürdige Rolle spielt. Vorher entführt Gérard Naziri das Publikum allerdings in einer Videoprojektion auf eine Reise, die aus der Kirche hinaus bis in die Galaxie und wieder zurück in den Saal führt. Was das soll, außer vielleicht einen Umbau zu ermöglichen, wird nicht wirklich klar. Amfortas erscheint zur Gralsenthüllung mit Dornenkrone und erinnert an den gekreuzigten Jesus. Anschließend wird eine Wunde, die er auf der rechten Seite hat, von den Gralsrittern geöffnet. Das bei dieser Aderlassung reichlich fließende Kunstblut wird von den Gralsrittern in Kelchen aufgefangen und in Form eines Abendmahls getrunken. Dass Parsifal auf diese Zeremonie geschockt und verständnislos reagiert, verwundert eigentlich nicht. Für den enttäuschten Gurnemanz reicht es jedenfalls, ihn der Kirche zu verweisen.

Der zweite Aufzug erinnert dann an ein türkisches Hamam, das Klingsor gewissermaßen als Gegenentwurf zur Gralsburg geschaffen hat und in dem er die Gralsritter verführen lassen will. Auf einer weiteren Ebene hat er sich einen Raum eingerichtet, von dem aus er das Geschehen auf der Bühne überwachen kann und in dem zahlreiche Kreuze hängen, die vielleicht für die Gralsritter stehen, die er in seinen Bann gezogen hat. In der Auseinandersetzung mit Kundry, die er als Geheimwaffe gegen den nahenden Parsifal einsetzen will, fungiert das Kreuz als sexuelles Symbol und Zeichen seiner eigenen Entmannung. Wieso Amfortas in Klingsors Reich als Geisel gehalten wird, erschließt sich nicht wirklich. Ist sein Auftritt während Kundrys Kuss in dem späteren Verführungsversuch Parsifals wirklich nötig, um Parsifal an die Geschehnisse zu erinnern, die er bei der Gralsenthüllung erlebt hat? Die Szene mit den Blumenmädchen zuvor verläuft hingegen recht überzeugend. Auch wenn sie zunächst alle schwarz verschleiert auftreten und damit nicht sehr verlockend wirken, entledigen sie sich schnell ihrer Trauer um die gefallenen Helden, die Parsifal auf dem Weg zu Klingsors Burg getötet hat, und bilden in ihren knappen bunten Kostümen eine regelrechte Augenweide. So verfehlen sie auch bei Parsifal ihre Wirkung nicht, wenn er sich genüsslich seines Kriegsanzugs entledigen lässt und mit ihnen ins Bad steigt. Es ist fraglich, ob Kundry bei diesem Treiben überhaupt eingreifen muss.

Die Auseinandersetzung mit Klingsor folgt dann nach der Zurückweisung Kundrys in direkter Gegenüberstellung. Klingsor wirft die Lanze nicht, sondern geht mit ihr auf Parsifal los. Mit scheinbarer Leichtigkeit nimmt Parsifal ihm die Lanze ab und zerbricht sie, um sie anschließend zu einem Kreuz zu formen und Klingsors Zauber zu bannen. Die Kreuze aus dem Schrein fallen auf die Bühne herab und lassen Parsifal siegesgewiss den Rückweg zur Gralsburg antreten. Diese zu finden, bedarf allerdings wohl einiger Zeit. Der dritte Aufzug zeigt ein verfallenes Kirchengebäude, in das sich die Natur in Form von gewaltigen riesigen Urwaldpflanzen ihren Weg zurückgebahnt hat. Kundry tritt nun als greise alte Frau auf, die scheinbar an Parkinson leidet. Da sie außer der beiden Worte “Dienen, dienen” nichts mehr zu singen hat, lässt Laufenberg sie im Hintergrund zunächst einen alten Kühlschrank inspizieren, den sie anschließend abzuwaschen versucht. Wenn Parsifal schließlich den Weg zurück zum greisen Gurnemanz findet, wird die Szene, in der sie Parsifal die Füße salbt und anschließend von ihm die Taufe empfängt, recht textnah umgesetzt. Anschließend nimmt sie in einem Rollstuhl Platz und lässt sich von Parsifal von der Bühne schieben.

Der Karfreitagszauber findet als eine Art Dusche im Regenwald statt. Zwischen den riesigen Pflanzen im Hintergrund strömt heftig fließender Regen herab, in dem Statisten ein erfrischendes Bad nehmen. Die Nacktheit soll wohl für die Unschuld stehen, ist aber eigentlich überflüssig. Eine weitere Videoprojektion, die den Umbau zum Raum des ersten Aufzugs ermöglicht, gibt erneut Rätsel auf. Auf der Leinwand wird in grauen Farbtönen der Regen aus dem Wald wieder aufgegriffen, aus dem sich nacheinander die Gesichter von Winifred, Wolfgang und Richard Wagner herausbilden. An den Rändern scheinen sie dann in rieselndem Sand zu versinken, bevor sie wieder ganz verschwinden. Auch in dem Sarg, in dem der mittlerweile verstorbene Titurel auf die Bühne getragen wird, befindet sich nur noch seine Asche oder eben Sand. Vehement fordern die Gralsritter, die jetzt Angehörige aller möglichen Religionen verkörpern, bei Amfortas ein letztes Mal die Enthüllung des Grals ein, die dieser allerdings strikt verweigert. Stattdessen legt er sich in den Sarg und hofft, endlich sterben zu können. Parsifal tritt nun in einem schwarzen Anzug wie ein Politiker auf und legt die zum Kreuz geformte Lanze in den Sarg. Die Gralsritter folgen ihm, indem sie sich alle irgendwelcher Reliquien im Sarg entledigen. Erlösung gibt es folglich nicht in der Religion, sondern nur durch die Befreiung von dieser.

Wie das Publikum der besuchten Aufführung zu dieser szenischen Deutung steht, kann nur gemutmaßt werden, da das Regie-Team sich nicht zeigt. Musikalisch bewegt sich der Abend auf hohem Niveau und wird von den Zuschauern frenetisch gefeiert. Da ist zunächst das großartige Dirigat von Semyon Bychkov zu nennen, der das Festspielorchester mit weichem und umsichtigem Klang auf die Diktion der Solisten abstimmt. So folgt die Musik stets dem gesungenen Wort, was vor allem bei Günther Groissböck als Gurnemanz von großer Bedeutung ist, da er in seinen langen Erzählungen vieles zum Verständnis der Vorgeschichte beiträgt. Groisböck begeistert mit kräftigem Bass und einer sehr deutlichen Diktion, was schon eine gewisse Vorfreude auf seinen Wotan aufkommen lässt, den er im Bayreuth-Ring im nächsten Festspielsommer interpretieren wird. Andreas Schager glänzt erneut in der Titelpartie mit strahlendem Heldentenor und unendlich scheinenden Kraftreserven. Auch ihm ist eine hervorragende Textverständlichkeit zu bescheinigen. Darstellerisch überzeugt er in seiner Wandlung vom reinen Tor zum durch Mitleid Wissenden. Elena Pankratova bringt auch im vierten Jahr als Kundry das Festspielpublikum zum Toben. Mit großer Dramatik und Intensität gestaltet sie die Partie und besitzt auch im letzten Aufzug, wenn sie eigentlich nichts mehr zu singen hat, eine enorme Bühnenpräsenz. Ein weiterer Star des Abends ist Derek Welton als Klingsor, der über einen markanten Bassbariton verfügt, der mit Schager und Pankratova den zweiten Aufzug zum musikalischen Höhepunkt des Abends werden lässt.

Ryan McKinny kehrt als Amfortas zurück und überzeugt durch dunklen Bass. Der von Eberhard Friedrich einstudierte Festspielchor begeistert durch opulenten Klang. Auch die Stimmen der Blumenmädchen harmonieren sehr gut. Allerdings lässt sich textlich bei ihnen kaum etwas verstehen, was aber vielleicht auch nicht ganz so wichtig ist, da die Szene auch so klar wird.

FAZIT

Musikalisch ist dieser Parsifal auch im vierten Jahr ein Erlebnis. Szenisch geht der gesamtreligiöse Ansatz im Großen und Ganzen auf, lässt allerdings auch ein paar Fragen offen.

Thomas Moltke | Festspielhaus Bayreuth am 15. August 2019

bachtrack.com

The case against religious fundamentalism

Parsifal is the most intriguing of Wagner’s stage works. With very little action over its six and a quarter hour duration (Bayreuth customarily allows an hour for each interval), the impact of this Bühnenweihfestspiel (sacred festival drama) greatly depends on the orchestra and its conductor, Semyon Bychkov, (both were excellent here) and the directorial concept. Uwe Eric Laufenberg’s production was first performed in 2016, shortly after several terrorist attacks in Germany and elsewhere. His message may even have been inspired by Beethoven’s famous line: “Alle Menschen werden Brüder” (All people become brothers). Nonetheless, rumours ran amok that his staging would include references, possibly insults, to followers of other religions, Jews or Muslims (dealing with the “other” seems to be one of the main challenges in current Bayreuth philosophy) and the security restrictions increased immensely. Sadly, police presence is still very visible around the Festspielhaus.

Laufenberg created a complex production. At times hard to figure out (why are three puppet-humans sitting prominently at the top of the stage?), occasionally plain silly (Parsifal, the US sniper, puts his machine gun down in order to be able to catch Klingsor’s spear with his hands), maybe even grotesque (our sniper, sporting sunglasses, sitting down with a bunch of Islamic ladies dressed in abaya, who later turn themselves into Ottoman harem ladies in the Flowermaidens scene), but it is constantly thought provoking and its basic premises are never contrary to the score.

Gisbert Jäkel’s sets and Jessica Karge’s costumes place the beginning of the work in a bombed-out monastery in Kurdistan (as it will be clearly shown later in Gérard Naziri’s impressive video). Refugees – such a loaded term in our times – sleep everywhere, but are woken up by monks, whose leader is Gurnemanz, in Günther Groissböck‘s commanding performance, dressed as an Imam. For good measure, US special forces walk across the stage, carrying a sculpture of Jesus on the cross. Kundry first appears wearing a burka. Strikingly, however, the different cultures and different religions do not clash but co-exist, a message mostly overlooked in previous commentaries about this production.

Wagner’s work is ambiguous about Christianity (despite obvious references, Jesus is never named other than the Redeemer) and Laufenberg expands on this ambiguity. In his reading, he overlaps the wound of Amfortas with that of Christ. As a result, a startlingly beautiful scene of Act 1 is created where Amfortas (Ryan McKinny expressing the eternal pain with both his movements and his sensitive singing), wearing a white loin cloth and a crown of thorns, is standing and the Holy Grail is used for its original purpose, to receive the blood of his never-healing wound, and then used for holy communion by the monks, observed by Muslims and Jews alike.

Act 2 takes the audience into a Muslim bathhouse. We know this, not only because of the tiled surfaces and the spa in the corner but because Klingsor turns his praying rug towards Mecca and kneels on it. Neither Derek Welton’s tone nor his presentation of the evil sorcerer is quite as dark as one might wish. As the only negative figure, his self-flagellation notwithstanding, more vicious weight would better balance the drama. His dramatic role is challenged by him having a crucifix collection in his upstairs room. If he is so familiar with these objects, why does he die when Parsifal shows another cross to him made of the broken pieces of his spear, at the conclusion of the act?

Kundry dominates much of this act. Elena Pankratova, only one day after her Ortrud in Lohengrin, was in strong vocal form with no signs of holding back. Powerful in phrasing and volume, she was matched by Andreas Schager’s Parsifal, who hears his name first from the seductress. Schager fits well into the current range of Wagner tenors, seen and heard over the last week. His preparation is as unquestionable as is his seemingly endless stamina. The voice is clear and resonant, but the tonal shine that defined the Heldentenor voices of past times, is seldom evident. Yet at times, for example, in his pained “Amfortas! Die Wunde!” (Amfortas, the wound!) outcry, his singing was powerful and touching.

Following the score’s instructions, Act 3 takes place many years later, with a stooped Gurnemanz and a greyed hair Kundry waiting for the Redeemer, who indeed arrives, this time in black fatigues. While the role of naked actors dancing in the rain during the Good Friday Music remains unclear, the final scene, with the wound of Amfortas healed and Christian and Jewish and Muslim people celebrating together is cathartic, helped by the brilliant chorus work (prepared by the the unsurmountable Eberhard Friedrich).

Laufenberg’s production, despite its enigmatic details, is carefully designed. Nevertheless, the question Gurnemanz proposes to Parsifal at the end of Act 1, resonated with new meaning as I was walking down from the Green Hill: “Do you understand what you have seen?”

Zoltán Szabó | 31 Juli 2019

Rating
(6/10)
User Rating
(4/5)
Media Type/Label
Technical Specifications
320 kbit/s CBR, 44.1 kHz, 574 MByte (MP3)
Remarks
In-house recording from the Bayreuth festival
A production by Uwe Eric Laufenberg (2016)