Parsifal
Jonathan Nott | ||||||
Choeur du Grand Théâtre de Genève Orchestre de la Suisse Romande | ||||||
Date/Location
Recording Type
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Amfortas | Christopher Maltman |
Titurel | William Meinert |
Gurnemanz | Tareq Nazmi |
Parsifal | Daniel Johansson |
Klingsor | Martin Gantner |
Kundry | Tanja Ariane Baumgartner |
Gralsritter | Louis Zaitoun |
William Meinert |
Blutbesudelt bis zum Schluss
Jonathan Nott und Michael Thalheimer bringen in Genf „Parsifal“ von Richard Wagner auf die Bühne. Musikalisch ist der Eindruck stark, szenisch auch: Aus der Schuld gibt es keine Erlösung.
Tareq Nazmi, 1983 geboren, war bislang ein zumindest bemerkenswerter Sänger. In den letzten Jahren fiel er immer wieder auf, etwa als Papst in Hector Berlioz’ „Benvenuto Cellini“ unter der Leitung von John Eliot Gardiner, als Bass in Mozarts Requiem unter der Leitung von Teodor Currentzis oder in Robert Schumanns „Das Paradies und die Peri“ mit Enoch zu Guttenberg. Doch jetzt, mit dem „Parsifal“ von Richard Wagner am Grand Théâtre in Genf, hat vermutlich seine große Stunde geschlagen.
Er singt den Gurnemanz ohne einen Anflug von Schwerfälligkeit, behände wie ein flotter Osmin, dabei die Worte so achtsam deutend, als ginge es um Lieder von Schubert oder theologiegespickte Arien von Bach. So satt seine Tiefe ist, so leicht spricht seine Höhe an und dünnt dabei keineswegs aus. In Kuwait soll Tareq Nazmi geboren worden sein, liest man, nur hört man es nicht. Seine Diktion ist gestochen scharf und kommt dabei, ganz ohne Konsonantenspuckerei, so natürlich daher, dass einem der Satz „Gemeine Atzung muss uns nähren“ wie Umgangssprache erscheinen will.
Doch Nazmi reiht sich in Genf letztlich nur ein in eine durchweg beachtliche Besetzung. Wie er sind auch Daniel Johansson als Parsifal, Christopher Maltman als Amfortas und Martin Gantner als Klingsor Rollendebütanten, die einen erfreulichen bis erstaunlichen Eindruck hinterlassen. Maltman, hoch expressiv und kraftvoll, hält als Amfortas die Mitte zwischen demütigem Schmerzensmann und suizidalem Amokläufer, der in Verweigerung der Gralsenthüllung alles und alle mit in den Tod reißen will. In Worten wie „Herz“ oder „endlich“ könnte er freilich noch ein wenig an der Präzision der Schlusskonsonanten arbeiten. Johansson ist ein wetterfester Parsifal, kein säuselndes Jüngelchen, aber auch kein brüllender Waldbulle. Wenn ihm beim finalen, leiser werdenden Ruf „Öffnet den Schrein“ fast die Stimme wegbricht, ist das weniger ein Zeichen von Ermüdung als ein weiterer Beweis dafür, wie gut er die Verstörung seiner Figur, der andauernd Unverständliches widerfährt, zu gestalten weiß. Gantner hingegen ist ein Bilderbuchbösewicht: knackig, kernig, deutlich in Farbe und Diktion bei all seinen Schmutzeleien.
Tanja Ariana Baumgartner, an der Oper Frankfurt längst zur international begehrten Mezzosopranistin herangereift, hat als Kundry nicht nur Erfahrung, sondern die stimmlichen und darstellerischen Mittel für diese Figur: schwarzschlundige Tiefen für die Verachtung anderer und ihrer selbst sowie anziehende Wärme, die das Timbre der Mütterlichkeit manipulativ benutzt – eine lebensmüde Doppelagentin, die sich mit stetig erhöhtem Einsatz selbst zerstört.
Jonathan Nott erzeugt zu alledem mit dem Orchestre de la Suisse Romande auch ohne den verdeckten Graben von Bayreuth, für den das Stück konzipiert ist, einen fein abgemischten, überwiegend samtenen, wo nötig, verhangen leuchtenden Klang, der vorbildlich die Balance zur Bühne hält. Auch die Raumstaffelung unter Einbeziehung des Theaterchores und des Kinderchores vom örtlichen Konservatorium, einstudiert von Alan Woodbridge, gelingt mit den Fernwirkungen recht ansprechend.
Bühnenarchitektur ist historisch brisant
Die Regie von Michael Thalheimer konzentriert sich in diesem „Parsifal“ auf die Möglichkeit von Schuldvergebung oder der Reinigung von Schuld. Und diese Möglichkeit wird konsequent verneint. Ganz existenzialistisch begreift Thalheimer das Leben als Notwendigkeit zu handeln. Und Handeln als Auswahl zwischen Möglichkeiten im Zeithorizont der Endlichkeit heißt immer in irgendeiner Weise Schuldigwerden. Kundry sühnt im zweiten Aufzug ihre „Schuld“, bei der Kreuzigung Christi gelacht zu haben, damit, dass sie zur Mörderin wird: Sie erschießt Klingsor. Von der unbewussten Schuld geht sie über zur bewussten Täterschaft und stellt so ihre Souveränität als verantwortliches Subjekt wieder her.
Historisch brisant ist dabei die halb bunker-, halb stelenhafte Bühnenarchitektur von Henrik Ahr. Gurnemanz’ Satz „Zum Raum wird hier die Zeit“ vergegenständlicht sich darin zu einem Erinnerungsmonument, in dem die Gralsritter, von Michaela Barth in blutige Togen gewickelt, wie vor Klagemauern stehen und in einem dauerhaften Schuldkult kreisen. „Parsifal“, mit seinem Ruf „Erlösung dem Erlöser!“, ist von Antisemitismus durchtränkt, das Stück untermauert Wagners grässliche Ideologie, das Christentum von jüdischem Blut „reinigen“ zu wollen. Thalheimer geht mutig mit dem Thema um, wenn er zeigt, wie diese Phantasien der „Entjudung“ auf der Symbolebene historisch wieder zurückschlagen als Klagemauern und blutbefleckte Monumente, aus denen Schuld und Erinnern kein Entrinnen finden. Als Menschenwerk ist jede Erlösung unmöglich.
Es gibt auch keine Rituale der Reinigung, keine Fußwaschung, keine Taufe, kein erlösendes Abendmahl mehr. Damit verweigert sich Thalheimer der Idee von Wagners Kunstreligion ebenso konsequent wie beeindruckend.
JAN BRACHMANN | 26.01.2023
Blutige Wände
Da die Welt, in der Richard Wagners Werke leben, so etwas wie ein eigenes Universum ist, fragt man sich am Ende, nach dem eindrucksvollen „Parsifal“, der gerade mitten in der Woche im Grand Théâtre de Genève vor nicht ganz gefülltem Saal über die Bühne ging, ob man von diesem Regisseur auch einen „Ring des Nibelungen“ durchexerziert bekommen möchte. Gelegenheit für Blutbäder und die notorische Brutalobühnenbild-Metaphorik, die bei Michael Thalheimer zum Markenkern gehören, böte die Tetralogie.
Den „Fliegenden Holländer“ und jetzt auch den „Parsifal“ hat er immerhin so eigenwillig und radikal reduziert, wie bei ihm so Sitte, gestemmt. Aber die Erinnerung an seinen Hamburger Grand-opera-Versuch mit den „Trojanern“ lassen den Ring-Zweifeln viel Raum.
Dass ein dezidiert europäisch denkender Intendant wie Aviel Cahn, der schon die Flämische Oper fest in der Welt des europäischen Theaters (um nicht zu sagen Regietheaters) verankert hat, ausgerechnet Thalheimer für seinen zweiten Wagner in den so französischen Teil der Schweiz geholt hat, passt zur Entdeckerlust, die den Intendanten und den Regisseur offensichtlich umtreiben. Das Ergebnis gibt ihnen durchaus recht. Auch wenn die einhellig zustimmende Reaktion des Premierenpublikums eher fairen Respekt vor erbrachter Leistung, als unbändiger Begeisterung zuzuordnen ist.
Zunächst war Jonathan Nott als Dirigent des Orchestre de la Suisse Romande bei dessen Ausflug ins Allerheiligste der wagnerschen Kunst-Religion Marke Eigenbau, die richtige Wahl. Nott braucht für den ersten Aufzug „nur“ eine Stunde 39 Minuten, wirkte aber trotzdem nicht überhastet, sondern in sich stimmig. Er imaginiert den großen Klangraum und wahrt allemal jenes Maß an Selbstbescheidung, das den fabelhaften Protagonisten alle Möglichkeiten lässt mit beispielhafter Textverständlichkeit zu glänzen. Was ausdrücklich auch die Blumenmädchen (Juliette Lozano, Tineke van Ingelgem, Louise Foor, Valeriia Savinskaia, Ena Pongrac, Ramya Roy) einschließt. Ein Privileg, von dem die deutschsprachige Abteilung des Publikums das Meiste gehabt haben dürfte.
Gesungen wird jedenfalls durchweg auf beglückendem Niveau. Natürlich von der rollenerfahrenen Tanja Ariane Baumgartner als geradezu emanzipierter Kundry. Die beherrscht, wenn sie auftritt, die Szene und verleiht ihren Offerten an Parsifal mit vorgehaltener Pistole Nachdruck. Dass sie am Ende des zweiten Aufzug kurzerhand nicht sich selbst, sondern Klingsor (kraftvoll: Martin Gantner) erschießt, treibt dieses Selbstbewusstsein auf die Spitze. Und verblüfft als jähe Wendung in einem sonst gemächlich zelebrierten Ablauf, in dem vieles nur durch die Musik oder die Mimik der Akteure imaginiert wird. Wie etwa der Karfreitagszauber, der mit Lichtveränderungen auskommt, die man sich selbst vielleicht nur einbildete. Bei der zweiten Enthüllung des Grals (die auch nicht mit einem Kelch oder etwas vergleichbarem beglaubigt wird) beeindruckt vor allem das sichtbare Mitleiden Parsifal. Der sitzt an der Rampe, während sich Amfortas gegen die erneut von den Gralsbewohnern erzwungene Enthüllung wehrt, und vollzieht dessen Leiden in seiner Mimik nach. Man könnte fast glauben, dass er selbst die Erfahrung macht und das Geschehen hinter ihm nur seine Imagination ist. Das sind starke Momente der reduzierten szenischen Umsetzung. Machtvoll aber weniger überzeugend ist dagegen die körperliche Versehrtheit, mit der sich der mit konditionsstarker Eloquenz aufwartende Tareq Nazmi als Gurnemanz an zwei Krücken über die Bühne schleppt. Man versteht die Absicht – aber ihre Konsequenz nervt. Soll es ja vielleicht auch. Dem Amfortas, mit dem sich Christopher Maltman das erste Mal diese Rolle mit atemberaubender vokaler Präsenz anverwandelt, genehmigt der Regisseur am Ende, nach der Berührung des Speers, immerhin die Rückkehr zum aufrechten Gang.
Seinem Parsifal (unangestrengt geschmeidig und mit einnehmendem Timbre: Daniel Johansson) vergönnt Thalheimer zwar so etwas wie eine Reise zu sich selbst. Er zwängt sich während des Vorspiels – nur in langer weißer Unterwäsche aus dem Spalt zwischen den zwei wuchtigen Kuben, die die Bühne von Henrik Ahr solitär beherrschen. Die werden für die Enthüllung des Grals und (nur geringfügig variiert) auch für Klingsors Reich um Seitenwände zu einem Innenraum erweitert.
Parsifal reift (hier wird der Raum halt auch mal zur Zeit) sichtbar. Er trägt lange Hosen, wenn er unter die durch die Kostüme von Michaela Barth im wahrsten Wortsinn aufgerundeten Blumenmädchen fällt. Zurück kehrt er im dunklen Gewand, gestützt auf den Speer (ohne den gehts eben doch nicht) und im Gesicht weiß geschminkt mit blutrotem Mund. Aber wenn Kundry, Gurnemanz und Amfortas fast unbemerkt abgehen, schminkt er sich nicht nur diese Maske ab, sondern zugleich jede Hoffnung auf irgendeine Art von Erlösung. Ist eben doch kein Joker für diese Welt.
Wenn die Gralsbesatzung (der Chor des Hauses hat Alan Woodbridge zu machtvollem Stimmeinsatz geführt!) vorher gierig nach Leben (und Blut?) herumirrte, stehen jetzt alle erstarrt rechts und links am Rand und reagieren nicht auf Parsifals finale Offerte eines dauerenthüllten Grals. Niederschmetternder geht es kaum. Dass während des Gralsrituals die alle Wände mit Blut beschmiert werden und die im Hintergrund selbst zu bluten anfängt, während sich Amfortas dort auf halber Höhe windet, als wäre er Jesus am Kreuz, ist einerseits große Metaphorik, andererseits aber auch eine etwas kleinheiligere Reminiszenz. Es war Hermann Nitsch, der in Bayreuth vor zwei Jahren die „Walküre“ zu einer halbszenischen Aufführung und einer ausgiebigen Farbschüttorgie machte. So wie Kundry hier auf der blutverschmierten Wand mit „Durch Mitleid wissend“, dann „Der reine Tor“ und schließlich „Parsifal“ klärendes beisteuerte, hatte das schon einen selbstreferenziellen Witz, der am Genfer See und auf dem Grünen Hügel ein Schmunzeln hervorlocken könnte. Wo es doch sonst nichts zu lachen, aber doch Grund zur Freude gab.
Joachim Lange | 26.01-2023
Wagner ohne Ideologie – das geht tatsächlich!
Seit Jahrzehnten arbeiten sich immer neue Regisseursjahrgänge mit ihren Interpretationen an Richard Wagners Opern ab. Und nun macht Michael Thalheimer in Genf etwas Unerhörtes: einen unpolitischen „Parsifal“. Der Preis dafür ist sehr viel Blut.
Blut ist ein ganz besonderer Saft in Richard Wagners „Parsifal“. Schließlich wird hier die Lebensflüssigkeit des Erlösers zum unsichtbaren Manna einer gefährdeten Rittergemeinschaft. Symbolisiert durch den Gral, den Kelch des letzten Abendmahls, in dem dieses Blut aus der Speerwunde der Kreuzigung rinnend, aufgefangen wurde. Retten kann die Ritter nur ein „reiner Thor“.
Blut wollte schon der Mysterienmeister Hermann Nitsch für einen dann doch nicht zustande gekommenen „Parsifal“ reichlich einsetzen. An der New Yorker Metropolitan Opera ließ Filmregisseur François Girard Jonas Kaufmann durch rote Sauce waten und sich in ihr spiegeln. Blut befleckt auch jetzt die Kutten und Schlabberhosen der Gralsgemeinschaft, so wie sie am Grand Théâtre de Génève Regisseur Michael Thalheimer auf die beinah leere Bühne bringt.
Leer ist hier alles. Ein weißes Podest dreht sich auf einer Scheibe, dahinter stehen zwei weiße Paneele, deren Querbalken mit der Lücke dazwischen das Kreuzzeichen formen. Später werden hier Blutrinnsale herunterlaufen. Gralshüter Gurnemanz – rot verfleckt, auf Krücken – nimmt mit seinen Knappen locker unverkrampft Aufstellung, der sympathisch junge Debütant Tareq Nazmi singt ihn mit fließend weichem, doch konturstarken Bass.
Der von seiner Speerwunde gequälte Gralskönig Amfortas (markant leidend: Christopher Maltman) schleppt sich hier schwer herein. Parsifal, der sonst erst viel später auftaucht, war schon während des Vorspiels von rückwärts auf der Bühne erschienen. In Gestalt des athletischen Daniel Johansson in langer, noch strahlend persilweißer Unterwäsche.
Wie stets inszeniert Thalheimer mit radikalem Minimalismus. Es ist Thalheimers zweiter Wagner nach dem ausgemergelten „Fliegenden Holländer“ ohne Meer und Schiff zur Saisoneröffnung an der Hamburgischen Staatsoper. Den Minimalismus vermag er, gerade in der Oper, meist mit Spannung zu füllen. Dem Nichts vertraut er, ebenso mutig ist sein eigentlich einfacher Zugang. Denn er erzählt, strikt und klar, die Geschichte, die sich Wagner für sein ominöses, in der Tendenz so nebulöses „Bühnenweihfestspiel“ ausgedacht hat; das nicht katholisch ist, aber doch von christlichen Versatzstücken durchsetzt.
In Genf freilich gibt es keinen Altar und keinen Tisch für das letzte Liebesmahl, und schon gar keinen Kelch. Stattdessen einen Lichtkreis, wo einmal mehr der fabulöse Leuchtmeister Stefan Bolliger Stimmungen zaubert. Auch keine Klingsor-Burg und kein Zaubergarten sind nötig.
Der zweite Akt spielt in der vergrößerten Negativversion des ersten. Hinten ein schwarzer Spalt, die Seitenwände heben sich auf halbe Höhe, neuerlich das Kreuzzeichen offenbarend, dazwischen paradieren die Blumenmädchen, die sechs Solistinnen warten an den Wänden, alle in Weiß, verbuckelt und verkrümmt, aber in Animierdamenhaltung. Ein Ritual, auch die Parsifal-Anmache.
Als Requisiten sind neben den Krücken und dem unbedingt notwendigen Speer nur Kundrys Zigaretten zugelassen, die diese erst im schwarzen, dann im roten Smoking raucht. Tanja Ariane Baumgartner zieht daran so nüchtern und doch leidenschaftlich, wie sie später Parsifal verführt. Eine Höllenrose von smarter, nie aufgesetzter Modernität.
Einen Revolver gibt es auch, mit dem Kundry den hier als Altrocker ziemlich komisch aufgemachten, von Martin Ganter ganz wunderbar plastisch böse gespielten und gesungenen Klingsor am Ende des zweiten Aktes abknallt. Und zwei Blecheimer mit Blut, womit sie im dritten „Durch Mitleid wissend“ an die Wand geschrieben und dann wieder verwischt hat. Am Ende steht sie im Dunkel, so wie Gurnemanz und Amfortas auch.
Wer weiß, wie das ausgeht? Parsifal, im dritten Akt ein Gezeichneter auch er, nach nicht thematisierten Kämpfen und Abenteuern zwar wissend geworden, um den Speer neuerlich Amfortas anzuvertrauen, trägt ein starres Joker-Clownsgrinsen im Gesicht. Am Ende, auch die letzte instrumentale Verklärung Wagners erklingt neuerlich strukturschlicht, ohne Romantiksfumato, wischt er sich die Maske ab, strauchelt, sucht mit den Händen, steht einfach abwartend da. Wohin wird er nun gehen? Er wartet ab, so wie er den ersten Akt an der Rampe sitzend verbracht hat. Das Licht erlischt.
Exemplarisch textverständlich
„Parsifal“ ohne Überwältigungspathos, ohne sich türmende Symbolik, ohne politische Aktualisierung, ohne apokalyptische Prophezeiung. Einfach nur als eine Parabel mit Musik. Selten spannend und geschlossen, Graben und Bühne zur sinnfälligen Einheit verschmelzend, so ereignet sich das in Genf. Michael Thalheimer ist nicht neunmalklug, aber mutig, weil er der Einfachheit ohne Überbau vertraut. Und Jonathan Nott im Graben spürt (scheinbar) schlicht, doch organisch fluide nur dieser Musik nach, die fesselt, begeistert, aber diesmal nicht als Opium betört, sondern tröstet. Zudem singt ein intelligentes, frisches Ensemble exemplarisch textverständlich.
Es ist möglich: ein Wunder des Weglassens, Stunden des befreiten, hochkonzentrierten Sehens wie Hörens – ausgerechnet bei diesem überfrachteten, nach Deutung gierenden Opus.
Manuel Brug | 30.01.2023
Parsifal intensément pessimiste à Genève
Le dernier opéra de Wagner, mis en scène par Michael Thalheimer au Grand Théâtre de Genève met profondément en avant les questions de handicap, porté par l’investissement scénique et la prime qualité du plateau vocal constellé de prises de rôles :
Sous certains aspects austères, cette lecture scénique est d’une cruelle rigueur. La blessure d’Amfortas affecte ici toute la population de Montsalvat : les chevaliers et les écuyers se déplacent tous avec difficulté dans des vêtements trempés de sang et adoptent des comportements erratiques, comme lorsqu’ils dessinent des croix sur les murs au finale de l’acte I. Ils sont menés par Gurnemanz qui traverse la scène en titubant avec des béquilles, et dont les efforts laborieux pour s’asseoir confirment cette ambiance douloureuse et inquiétante. Kundry même finit par gribouiller des slogans avec du sang sur le mur à l’acte III, allant de “Par la compassion, la connaissance” à simplement “Parsifal”.
Le tout se déroule dans un décor à la fois minimaliste et imposant, composé de deux grands blocs rectangulaires qui s’écartent légèrement pour servir de point de mire aux premières apparitions des protagonistes. La scénographie d’Henrik Ahr n’en est pas moins subtilement réalisée, et les deux masses de pierre tournent de manière à permettre un large éventail d’actions scéniques. Les couleurs crème des costumes de Michaela Barth, aussi simples soient-ils, permettent d’appliquer avec régularité le sang au fur et à mesure de l’action. Les habitants du château sont habillés différemment : Klingsor en rock-star vieillissante, Kundry en costume rouge ou noir selon le degré de séduction qu’elle est censée exercer, alors que les filles-fleurs ont des robes argentées moulantes dignes des années 1920, mais aussi diverses prothèses et signes de handicaps.
La mise en scène sauvage de Thalheimer est rendue encore plus parlante par le contraste avec la prestation vocale des solistes, et les performances ravissantes du Chœur maison et de l’Orchestre de la Suisse Romande. Les solistes principaux tiennent leur rôle pour la première fois, à l’exception de Tanja Ariane Baumgartner dont le mezzo-soprano, flexible à l’extrême, est idéalement adapté au caractère changeant du rôle : les phrases fragmentées et haletantes du premier acte sont ciselées sur toute la tessiture, et dans le deuxième acte, les lignes plus lyriques ont une forme et une ligne qui soulignent les qualités de séduction de la musique autant que du personnage. Rayonnante dans le registre supérieur, ses notes graves sont soyeuses et séduisantes.
Les filles-fleurs offrent des prestations riches et une réalisation d’ensemble assortie, réunissant les sopranos Tineke van Ingelgem, Louise Foor et Valeriia Savinskaia, la mezzo-soprano Ramya Roy rejointes par deux membres du Jeune Ensemble du Grand Théâtre : la soprano Julieth Lozano et la mezzo-soprano Ena Pongrac. Ces deux dernières peuvent en outre montrer leur placement vocal car elles incarnent aussi des écuyers, rejointes par les ténors Omar Mancini et José Pazos aux mêmes qualités. Complétant la distribution en chevaliers, le ténor Louis Zaitoun et la basse William Meinert (également Titurel) dominent l’acoustique depuis une position désavantageuse au fond de la scène, avec la brillance du premier et les graves sonores du second.
Difficile d’incarner un héros maquillé en clown, mais Parsifal prend ainsi des allures de sombre Joker et Daniel Johansson apporte au rôle-titre la profondeur de son incarnation réfléchie avec la fiabilité de sa voix de ténor, marquée par sa brillance autant que par sa puissance. Restant toujours loin des exagérations, il discipline son registre supérieur pour l’harmoniser avec ses notes inférieures. La dynamique reste subtile (avec même quelques pianissimi fracassants), enrichissant d’autant le portrait du personnage.
Contrairement au rôle de Parsifal, celui d’Amfortas est si nettement déterminé (par sa souffrance) qu’il laisse peu de place à l’interprétation du metteur en scène. Le personnage repose donc d’autant sur la voix de Christopher Maltman, dont la souplesse du registre médian capture les lignes angulaires trempées dans la douleur. Mais il déploie également sa puissance dans le registre supérieur, lorsqu’il ne parvient pas à dissuader les chevaliers, d’un saut vers l’aigu complétant la palette vocale de cette incarnation.
Le Klingsor de Martin Gantner ne s’est pas seulement habillé comme une rock star vieillissante, il agit aussi comme tel. D’un caractère louche et flamboyant à la fois, son baryton a la flexibilité tendue pour négocier les lignes mélodiques tortueuses avec conviction. Ses premières phrases assises sur un registre moyen voluptueux capturent l’autorité épuisée avec laquelle il commande, mais pour les déployer ensuite à travers la gamme avec facilité et un style ombrageux, moqueur même du medium à l’aigu.
Tareq Nazmi en Gurnemanz reçoit le meilleur accueil du public genevois, qui salue son investissement au service de ce rôle et de cette vision scénique. Sa finesse gestuelle répond à celle de sa voix, conservée à travers l’immensité de l’ambitus, de la déclamation angulaire au parlando sinueux vers des legatos soutenus.
Le chef Jonathan Nott offre une interprétation extrêmement rythmée, avec des moments de pure poésie musicale à la hauteur des voix solistes déployées sur la scène. Le Chœur du Grand Théâtre et les voix de la Maîtrise du Conservatoire populaire de musique de Genève s’en font l’écrin et le soutien, en justesse et attentions. L’Orchestre de la Suisse Romande s’impose par la richesse des cuivres, la qualité soliste des bois, le tout soutenu par l’effet de ravissement (élévation céleste) produit par les cordes.
Le public exprime un enthousiasme d’autant plus énorme à l’issue de cette production, si intense, dense, pesante aussi. “Pour moi, le spectateur doit aussi travailler”, explique le metteur en scène Michael Thalheimer dans le programme. Et à voir ce public tituber lui aussi en sortant du théâtre, comme groggy par cette expérience, c’est assurément chose faite.
Mark Everist | 27.01.2023