Das Rheingold

Kirill Petrenko
Orchester der Bayreuther Festspiele
Date/Location
27 July 2015
Festspielhaus Bayreuth
Recording Type
  live   studio
  live compilation   live and studio
Cast
Wotan Wolfgang Koch
Donner Daniel Schmutzhard
Froh Lothar Odinius
Loge John Daszak
Fasolt Wilhelm Schwinghammer
Fafner Andreas Hörl
Alberich Albert Dohmen
Mime Andreas Conrad
Fricka Claudia Mahnke
Freia Allison Oakes
Erda Nadine Weissmann
Woglinde Mirella Hagen
Wellgunde Julia Rutigliano
Floßhilde Anna Lapkovskaja
Gallery
Reviews
bachtrack.com

Castors übergeschäftiges Rheingold in Bayreuth lenkt von der Musik ab

Man gewöhnt sich an alles. Als der Vorhang fiel, wurde das einzige hörbare Buh in meiner näheren Umgebung von einem Orkan von Applaus für Frank Castorfs Rheingold übertönt. Es wäre eine grobe Untertreibung, zu sagen, dass diese Produktion des Rings kontrovers war, als sie beim Jubiläumsfestival vor zwei Jahren zum ersten Mal gezeigt wurde. Ich erinnere mich an einen Sturm von Beschimpfungen in der englischsprachigen Presse. Kein Bachtrack-Kollege und Namensvetter, David Karlin, stand der Produktion kritisch, aber nicht gänzlich ablehnend gegenüber, als er die erste Wiederaufnahme des Vierteilers 2014 rezensierte. Nachdem ich den ersten Teil davon gestern zum ersten Mal gesehen habe (die Verbwahl ist beabsichtigt), kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nichts über Erfolg oder Scheitern des Ganzen sagen, doch eines scheint klar: es ist eine Produktion, die für unser visuell gesättigtes Zeitalter gemacht ist. Das macht sie relevant, doch zu einem hohen Preis – die Musik ist dabei eher zweitrangig.

In seinem „Beethoven“-Essay (1870) unterstrich Wagner, dass das Hören gestattet, die Essenz der Dinge wahrzunehmen, während das Sehen sich schnell in den Täuschungen der Fülle verfängt. Zugegebenermaßen entstand dieser Essay, nachdem Wagner die Philosophie Schopenhauers kennenlernte, und ist wohl ein schlechter Führer darin, wie er sich die Funktionsweise der verschiedenen Medien im viel früheren Rheingold vorgestellt hat. Nichtsdestotrotz wäre es töricht zu leugnen, dass selbst in dieser Oper, seinem striktesten Experiment mit dramatisch orientierter anstelle von musikalisch orientierter Kunst, die musikalischen Aspekte die absolut wichtigsten sind. Der zentrale Grund, aus dem Wagners Werke bis heute erhalten sind, ist der, dass die Hörer seine musikalische Erzählung so überzeugend fanden.

Wenn man sich nach meiner Erfahrung richten kann, dann fordert die schiere Dichte von Castorfs Bildern praktisch die volle Aufmerksamkeit des Zuhörers. Es waren nicht nur alle Personen auf der Bühne konstant in Bewegung oder verrichteten irgendeine Tätigkeit (und die Besetzung des Rheingolds ist groß), es gab zudem auch einen großen Dach-Bildschirm, auf dem live Nahaufnahmen mit Ausschnitten der Bühnenhandlung gezeigt wurde. Der Gebrauch von einer kleinen Kamera erinnerte mich an die Ästhetik des Filmemachers Lars von Trier, der einst selbst einen Ring in Bayreuth inszenieren sollte, der jedoch nie umgesetzt wurde. Zu versuchen, den Überblick über all das zu behalten, lenkte nicht nur ab: es war einfach anstrengend. Das Rheingold ist gleichzeitig der kürzeste Teil der Tetralogie (Wagner selbst betrachtete es als einen „Vorabend“ vor den drei „Tagen“) und das längste ununterbrochene Hörerlebnis, da die vier Szenen sich in einem einzigen, 2 Stunden 20 langen Zug entwickeln. Das praktisch unerbittliche Tempo der visuellen Elemente machte es am Ende zu einer Art Ausdauerprüfung.

Die desakralisierenden Aspekte der Produktion störten mich weniger: zum einen ist das nichts Neues in Wagner-Inszenierungen. Chereaus nun gefeierter Jahrhundert-Ring galt 1976 als frevlerisch unmystisch, doch wie brav erscheint er heute, 40 Jahre später! Castorf weidet sich offensichtlich an der Vulgarität seines Szenarios, einschließlich Nutten und Gangstern, doch Wagners Götter sind in der Tat ein ziemlich zwielichtiger Haufen, angeführt von einem unsaubere Geschäfte machenden Ehebrecher und seiner nörgelnden Frau. Es zeigte sich hier, dass Wotan nicht nur mit seiner Frau Fricka herumtollt, sondern auch mit deren Schwester Freie; zumindest gehen dem bei Wagner noch andere Fälle voraus, bei denen alles in der Familie bleibt. Wotan war in dieser Inszenierung besonders schäbig: neben seinem Dreier zu Anfang verschwand er einmal kurz in einem Zimmer mit den drei Rheinflittchen und machte sich später an Erda heran.

Das Bühnenbild, ein billiges Texas-Motel aus den 1970ern und brillant entworfen von Aleksandar Denić, bedeutete, dass er Rhein zum kleinen Schwimmbecken, Walhalla zu einem schmuddeligen Schlafzimmer im Obergeschoss und Nibelheim gar nicht dargestellt wurde. Die Drehbühne wurde effektvoll genutzt, und es gab einige gegenwartsbezogene Gags, beispielsweise, als die Konföderiertenflagge durch eine in Regenbogenfarben ersetzt wurde. Erstaunlicherweise waren eine von Wagners wichtigsten Objekten gar nicht vorhanden, oder nicht passend in das neue Szenario eingewoben. Es gab keinen Speer, keine goldenen Äpfel (da sie die Götter jugendlich kraftvoll halten sollen, hatten sie Aufputschmittel sein können, verteilt von Freia), und das „Gold“, das Alberich stahl, war nur eine metallische Decke, die man aus dem Schwimmbecken fischte. Lichtdesigner Rainer Casper schuf einige ansprechende Effekte wie den kaleidoskopischen Abendhimmel zum Ende hin, was zumindest ein kleiner Ersatz für das Fehlen der Regenbogenbrücke war.

Zu den herausragendsten Künstlern des Abends zählte John Daszak als Loge, der einen für seine Figur angebrachten, entspannten Zynismus an den Tag legte. Die drei Rheintöchter (Mirella Hagen, Julia Rutigliano und Anna Lapovskaja) waren stimmlich ebenfalls ausgezeichnet, während Wilhelm Schwinghammer, dessen Name schon andeutet, dass er den hammerschwingenden Donner spielen sollte, war der beeindruckendere der beiden Riesen. In der Rolle des Mime zeigte Andreas Conrad gutes Charakterschauspiel, und Albert Dohmen gab einen soliden Alberich. Wolfgang Koch war zeitweise beeindruckend als Wotan; Nadine Weissmann hatte sowohl die nötige Präsenz als auch Stimme für eine denkwürdige Erda. Die übrigen Rollen waren mindestens angemessen besetzt. Kirill Petrenko leitete das Orchester mit Elan und wurde beim Vorhang mit dem größten Applaus bedacht.

David Larkin | 29 Juli 2015

Kurier

“Rheingold” bei den Festspielen

Nur im Orchestergraben geht es vorwärts, die Bühne dreht sich um sich selbst: Kirill Petrenko rückt bei der “Rheingold”-Premiere den Irrtum gerade, dass die Musik im Castorf-“Ring” nur Filmmusik sein darf. Das bleibt nicht folgenlos.

Im Parkett sitzen an diesem Abend wieder die Kollegen aus den großen Feuilletons, ein Umstand, dem man nicht zu viel Bedeutung beimessen muss, aber ein bisschen schon: Neu ist dieses „Rheingold” ja wirklich nicht mehr, die Produktion geht ins dritte Jahr, und die szenische Lesart des Werks war schon im Premierenjahr keine Sensation.

Aber Kirill Petrenko am Pult des besten Wagneropernorchesters der Welt wollen sie schon nochmal hören, bevor er am Ende der Saison Bayreuth den Rücken kehrt. Und wieder nach München fährt, von wo aus er in ein paar Jahren zu den Berliner Philharmonikern aufbrechen wird. Also haben die Kollegen den „Lohengrin“-Tag und die angrenzenden Nächte genutzt, um schnell eine Premiere in Salzburg zu erledigen, bei den anderen Festspielen, und hier sind sie nun wieder, bei Petrenko in Bayreuth, zum letzten Mal.

Es gibt Ereignisse, die man besser nicht versäumt.

Zwei Stunden und siebzehn Minuten braucht Petrenko für den „Ring“-Vorabend, er treibt den Puls des Werks nach oben, und seit wann sind da eigentlich Klarinetten im Vorspiel? Sein „Rheingold“ ist kein Bad im angedickten Wagnerklang, kein Eintauchen in den Moment, kein Schwelgen zwischen Streicherwogen und Walhall-Motiv – die Musik dreht sich nicht um sich selbst, sondern prescht vorwärts, hin zur nächsten Farbe, zur nächsten Entdeckung, immer weiter, bis zum brutalen Fortissimo am Ende. Was nicht nur spannend ist, sondern – in einem Werk übers Treiben und Getriebensein – auch extrem schlüssig.

Auf der Bühne steht in diesem Jahr eine ganze Reihe neuer Sänger; etwa die Hälfte der Rollen sind neu besetzt, die wichtigsten: John Daszak als Loge und der glänzende Albert Dohmen als Alberich. Andreas Hörl singt Fafner, Allison Oakes ist Freia, Daniel Schmutzhard debütiert als Donner, Andreas Conrad ist Mime. Die tollsten Stimmen aber waren im vergangenen Jahr auch schon dabei: Claudia Mahnke als Fricka und Nadine Weissmann als Erda.

Diese Saison ist die letzte mit Wolfgang Koch als Wotan, der vor allem den „Ring“-Vorabend stimmlich wie darstellerisch prägt. Sein Wotan ist von einem Alberich stimmlich und ästhetisch absolut nicht mehr zu unterscheiden. Eine perfekte Pointe in einer Produktion, in der musikalisch und auf der Bühne alles, aber auch wirklich alles in Frage gestellt wird.

Es ist ja auch gar nicht so, wie es aussieht: dass die Musik hier zum Hintergrundrauschen degradiert wäre, weil die Bilder auf der Bühne alles andere ersäufen. Im Gegenteil: Die Bühne dreht sich im Kreis (als Drehbühne ja tatsächlich, aber auch in anderer Hinsicht), vorwärts geht es nur im Orchestergraben, ohne die Musik wäre in dieser Inszenierung wirklich alles nichts. Ob das so bezweckt war oder einfach passiert ist: Wen soll das noch kümmern.

Schon lange war ein „Rheingold“ nicht so packend, schon lange war der Applaus für Sänger und Musik nicht mehr so groß.

Und nächstes Jahr?

Frank Castorfs Rheingoldkrimi im superschmierigen Golden Motel, in dem zweieinviertel Stunden lang außer gewalttätigem Grundrauschen eigentlich nichts Wesentliches passiert, wird dann – mit anderem Wotan und anderem Klang – ein anderes Stück sein.

Florian Zinnecker | 30.09.2015

resmusica.com

Le Rheingold imaginaire de Frank Castorf

Pour sa troisième année sur la Colline sacrée, ce Ring signé Frank Castorf prend ses marques et s’impose comme un des plus fascinants spectacles que Bayreuth ait proposé depuis des lustres.

Quasiment inconnu en France, sauf auprès du public de théâtre, le metteur en scène et directeur de la Volksbühne de Berlin a réussi à faire de la Tétralogie le terrain d’expression d’une modernité radicale. Cette lecture agit à différents niveaux – impossible de retracer l’origine des lignes de forces qui traversent les strates idéologiques, politiques, sexuelles etc. C’est leur entrecroisement complexe et rhizomique qui fait apparaître une globalité dans laquelle le regard du spectateur plonge avec délectation.

C’est dans l’accumulation des détails signifiants et la mobilité extrême que doit se lire le travail de Castorf. Le décor donne à voir cet improbable « Golden Motel », symbole d’une Amérique d’après-guerre où les dollars pleuvent autant que l’or noir – ce Rheingold métaphorique qui flotte en paillettes dorées à la surface d’une piscine minable. La rotation du décor souligne deux angles sémantiques : l’alternance de sperme et de pétrole selon que l’on consomme côté motel ou côté station-service. La dissimulation des artefacts wagnériens dans ce décor de cinéma américain a tout d’une chasse aux trésors ou d’une démarche réflexive et stimulante. On est saisi par ce tourbillon référentiel, qui s’ordonne à mesure qu’on le pénètre. Ici, ce comptoir miteux avec éclairage néon, flipper et juke-box déglingué ; là, cet intérieur de série Z avec starlettes en petite tenue et souteneur adipeux. Loge est considéré (depuis Chéreau) comme le personnage principal, celui qui tire les ficelles, esprit double comme en témoigne ce « DUPLEX » sous lequel il vient chanter son Ihrem Ende eilen sie zu… Exemple parmi cent autres, on s’amuse à repérer dans les affiches de film des titres aussi improbables que « Tarzan and the valley of gold », « the golden box » ou bien le mémorable navet « Teenage caveman ». Provocation ? Tout le contraire. Castorf fait passer le réseau mythologique très dense de Wagner, au crible de ses souvenirs d’adolescent berlinois fasciné comme toute sa génération par un rêve américain fait de grosse limousines et de lecture de comics (Sigurd… avatar héroïque fantasy de Siegfried). L’exigence d’un jeu d’acteur au cordeau contraint les chanteurs à un engagement sans limite – ce qui n’est pas sans poser un certain nombre de problèmes à certains nouveaux venus dans cette production (La couple Alberich-Mime notamment). Les changements jouent à la marge, sans que l’on puisse déceler un écart monumental entre les deux dernières reprises. Certains comme Loge ou Fafner introduisent des touches personnelles inédites qui font évoluer clairement les personnages vers des héros de bande dessinée.

Cette prolixité délirante éclate à son plus haut dans Rheingold et donne le ton d’une Tétralogie placée sous le signe de l’ironie (en témoignent les citations de Jankélévitch dans le programme de salle). Les videos d’Andreas Deinert et Jens Crull font pénétrer le regard à l’intérieur des espaces, créant ainsi une sorte de double (triple, quadruple !) plan visuel. Tant pis si la scène des transformations n’atteint pas au degré spectaculaire qu’on aurait pu imaginer. Les métamorphoses sont ici de simples allusions à ces films à sensation dans lesquels le serpent se love sur les lingots. Plus intéressants, ce parasol aux couleurs du drapeau allemand (on retrouvera le symbole dans Götterdämmerung quand apparaissent les normes habillées de noir, rouge et jaune), ou bien cet étendoir à petites culottes en guise de frêne du monde, arbre de la connaissance… Le marteau de Donner interrompt ce défilement d’images ; à la manière d’un concours de force dans des fêtes foraines, l’impact vertigineux ébranle le Golden Motel et… rallume l’enseigne lumineuse. You are welcome.

Capture d’écran 2015-08-25 à 19.01.17Le plateau cède en spontanéité et en théâtre ce qu’il gagne (ou conserve) sur le plan strictement vocal. On entend sous l’Alberich d’Albert Dohmen la dimension sonore de son Wotan. Peu à même de rendre la lubricité et le cynisme du personnage, il lui offre une émission solide et soignée. Les Filles du Rhin n’ont pas l’unité de caractère qui présidait les deux saisons précédentes, fragilisées notamment par la frêle Anna Lapkovskaja, qui n’a pas l’assise et la longueur de note de sa Floßhilde. Nadine Weissmann s’assure en Erda un triomphe mérité avec son timbre ambré et puissant. Allison Oakes est une Freia énergique et contrastée, tandis que la Fricka de Claudia Mahnke distille superbement la rancoeur de son orgueil blessé. Pour sa dernière année sur la Colline, le Wotan de Wolfgang Koch sait préserver son registre grave pour tenir la distance tandis que le Mime de Andreas Conrad semble gêné aux entournures dans un rôle à mi-chemin entre sarcasme et sérieux. Autre nouveau venu dans le rôle de Loge, le ténor anglais John Daszak tire brillamment son épingle du jeu, par l’effet combiné d’une émission souveraine et d’un timbre très nuancé. Le couple de géants est remarquablement équilibré, Andreas Hörl (Fafner) un rien moins ténébreux que son prédécesseur Sorin Coliban et Wilhelm Schwinghammer, toujours parfait en Fasolt. L’impayable couple de flics de série télé, Lothar Odinius (Froh) et Daniel Schmutzhard (Donner) rivalisent d’abattage et de présence.

Confirmation en fosse : Kirill Petrenko donne à entendre la transparence des plans sonores et le délié des lignes mélodiques… c’est un art de la direction conjugué à la science de l’éclairagiste, ce sculpteur de la lumière – saisie ici comme matériau musical. Jamais trop appuyée pour mettre en péril les voix ou écraser le discours par le volume, la battue de Petrenko offre un Rheingold éminemment fluide et allant ; « rien qui pèse ou qui pose » en quelque sorte…

David Verdier | 28 août 2015

Rating
(6/10)
User Rating
(3/5)
Media Type/Label
Premiere, PO
Technical Specifications
224 kbit/s CBR, 44.1 kHz, 223 MByte (MP3)
Remarks
Broadcast from the Bayreuth festival
A production by Frank Castorf (2013)
This recording is part of a complete Ring cycle.