Die Walküre

Jun Märkl
Orchester der Wiener Staatsoper
Date/Location
1 February 2004
Staatsoper Wien
Recording Type
  live   studio
  live compilation   live and studio
Cast
Siegmund Christian Franz
Hunding Matti Salminen
Wotan Jan Hendrik Rootering
Sieglinde Nina Stemme
Brünnhilde Luana DeVol
Fricka Marjana Lipovšek
Helmwige Donna Ellen
Gerhilde Ricarda Merbeth
Ortlinde Aarona Bogdan
Waltraute Mihaela Ungureanu
Siegrune Stella Grigorian
Grimgerde Antigone Papoulkas
Schwertleite Cornelia Salje
Roßweiße Waltraud Winsauer
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operinwien.at

Von der Senta zur Sieglinde

Starke Pluspunkte für das Wälsungenpaar, Abzüge für Wotan und Dirigenten. Das ist mein Ranking nach der sonntäglichen Staatsopern-Walküre.

Nina Stemme gab ihr Debüt als Sieglinde. Das Debüt gelang. Die frischgebackene Staatsopern-Senta ist eine bemerkenswerte Sieglinde. An ihr Timbre, das alles ein wenig dunkler einfärbt, muss man sich erst ein bisschen gewöhnen. Selbst im jubelnden Frohlocken des ersten Aufzugs bleibt eine gewisse Niedergedrücktheit spürbar, wird der Verzückung entsagt. Ihre Sieglinde trägt von Anfang an ihr Leiden in sich und sie wird es auch unter Siegmunds Umarmungen nicht los. Ihre ganze, breitaufströmende Liebe schenkt sie dafür ihrem Kind, dem „hehrsten Wunder”, das satt und raumfüllend fast einer Apotheose gleich mit mütterlich aufblühendem Stolz den zukünftigen Helden besingt. So bleibt sie in eindrucksvoller Erinnerung, ehe sie sich ostwärts in den Wald wendet, um Wotans Rache zu entgehen.

Der Siegmund von Christian Franz realisiert eine gefühlvolle Liebeserklärung ebenso wie kräftige, langgehaltene, métallisé-umspielte Wälse-Rufe. Stimmliche Flexibilität und heldische Basis halten sich bei ihm nach wie vor nuancenreich die Waage. Zusammen mit dem Hunding von Matti Salminen war da sängerisch am ersten Aufzug nichts zu bekritteln. Es könnte aber nicht schaden, wenn einmal die kräftige Hand einer Regisseurin oder eines Regisseurs die Körpersprache der agierenden SängerInnen ein wenig durchknetete.

Weniger gut kam der Wotan von Jan Henrik Rootering ins Spiel. Ich hatte ihn stattlicher in Erinnerung, aber was gibt es täuschenderes als Erinnerungen? Vor allem im zweiten Aufzug entwickelte er zu wenig Prägnanz sowohl beim Ausloten seiner Beziehung zu Fricka als auch in der Erzählung. (Die Fricka der Mirjana Lipovsek zankte ihn gehörig aus, nach allen Regeln der Kunst – und Wotan magerte es hier nicht nur an „Mutterwitz“, um diese Phrase Mimes einmal auf den Göttervater selbst anzuwenden.) Rootering fehlte leider das, was Franz so wortgetreu, so facettereich ausformuliert, ein Gefühl für den Erzählzusammenhang. Es genügt nicht, einmal das Wort „Alberich“ wirklich gut getroffen und grimmig in der Wotanserzählung mit Überraschungseffekt(!) zu betonen – aber über solche Effekte den spannungsgeladenen, kontinuierlichen Vortrag zu vernachlässigen.

Mit dieser Konturlosigkeit im epischen Aufbau ging er Hand in Hand mit dem Orchester unter Jun Märkl, der sich nach meinem Eindruck um die beredte Motivsprache Wagners zu wenig bemühte. Und teilweise verlor er sich in einer zelebrierten Langatmigkeit, was besonders auf den ersten und zweiten Aufzug drückte. Auch das Klangbild war – für meine Vorstellungen – zu unausgewogen, die Violinen zu wenig betont und herausgehoben, was der Mehrschichtigkeit des Streicherklangs ihre nach oben hin abrundende Fülle nahm. Erst wo die Dramatik der Szene an sich schon für den springenden Funken sorgte, war auch Märkl wieder mit im Boot.

Die Walküren-Brünnhilde der Luana DeVol zeigte diesmal wieder mehr Tremolo, im „Siegfried“ und in der „Götterdämmerung“ gefällt sie mir nach wie vor besser.

Ein einsames „Buh“ wollte am Schluss offenbar Festspielniveau einfordern, aber das Publikum ließ sich nicht aus der Ruhe bringen: beklatschte vor allem Stemme stark, aber auch alle anderen reichlich.

Dominik Troger | Wiener Staatsoper 1.2.2004

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User Rating
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Media Type/Label
Technical Specifications
397 kbit/s VBR, 32.0 kHz, 667 MByte (flac)
Remarks
In-house recording
A production by Adolf Dresen (1992)