Parsifal

Claudio Abbado
Tölzer Knabenchor, Damen des Arnold Schönberg Chors, Herren des Prager Philharmonischen Chors
Berliner Philharmoniker
Date/Location
23 March 2002
Großes Festspielhaus Salzburg
Recording Type
  live   studio
  live compilation   live and studio
Cast
Amfortas Albert Dohmen
Titurel Markus Hollop
Gurnemanz Hans Tschammer
Parsifal Thomas Moser
Klingsor Eike Wilm Schulte
Kundry Violeta Urmana
Gralsritter Franz Supper
Bernd Hoffmann
Gallery
Reviews
Neue Zürcher Zeitung

Wagner – zwischen gestern und heute

Ganz ruhig, extrem leise, stark aufgehellt – so breitet sich das Vorspiel aus. Schon nach wenigen Takten ist offenkundig: Hier herrschen weder der gewohnte Wagner-Ton noch der verbreitete «Parsifal»-Dunst. Klar sind die Linien herauszuhören, und deutlich ist nachzuvollziehen, wie sich der Klang aus dem Zusammenwirken eben dieser Linien bildet – das Orchester sitzt ja auch nicht im nahezu geschlossenen Graben von Bayreuth, der die Konturen in einer besonderen Weise verschwimmen lässt, sondern im Grossen Festspielhaus Salzburg, wo, trotz dem ausgeprägten Hall, eine klare, offene Akustik herrscht. Wunderbar, dieser «Parsifal». Wunderbar nämlich, was die Berliner Philharmoniker, die Richard Wagners Bühnenweihfestspiel vergangenen Herbst für eine konzertante Aufführung in Berlin erarbeitet und jetzt zu den Salzburger Osterfestspielen gebracht haben, an orchestraler Souplesse, an klanglichem Raffinement, an Piano-Kultur einbringen. Und ein würdiger Abschied von Claudio Abbado, der diesen Sommer als Chefdirigent in Berlin zurücktritt und nun zum neunten und letzten Mal die durch Herbert von Karajan begründeten Osterfestspiele prägte. Er wurde gross gefeiert.

Verständlichkeit statt Rausch, das steht hier im Vordergrund – und dies durchaus in wörtlichem Sinn. Wenn Gurnemanz den Abend mit der bei Wagner üblichen Erläuterung des Woher und des Warum eröffnet, dann ist Hans Tschammer, der die Partie mit eindrücklicher Sonorität bewältigt, in jedem Wort verständlich. Und gleich ist in diesem Moment eine weitere Besonderheit zu registrieren, sind doch die vier Knappen, die den Ritter in Amfortas’ Diensten umgeben, mit Solisten aus dem Tölzer Knabenchor besetzt. Auch später, in der Gralsszene, die den ersten Aufzug beschliesst, sind für den Nachwuchs der Ritterschaft (die Herren des Prager Philharmonischen Chors) keine Frauen in Männerkleidern am Werk, sondern der von Gerhard Schmidt-Gaden geleitete Knabenchor, was zu einem ungewohnten, aber überzeugenden Klangbild führt. Geradezu spektakulär sind an dieser Stelle aber die vier mächtigen Glocken, die seitlich über dem Orchestergraben aufgestellt sind und in kleinem Licht von vier Spielern bedient werden. Tibetischen Tempelglocken nachempfunden und – nur so sind sie überhaupt zu transportieren – aus Aluminium gefertigt, erzeugen sie sehr tiefe und sehr laute Töne, die auch als Vibration spürbar werden; für einmal also nicht die üblichen und meist zu hohen Kirchenglocken, nicht die zu wenig kräftigen Plattenglocken und auch nicht der in der Regel dumpfe elektronische Klang.

Mächtig zieht das Geschehen im zweiten Aufzug an. Abbado lässt hier seinem dramatischen Naturell vollen Lauf, und die Berliner Philharmoniker folgen ihrem Dirigenten mit jenem satten, glänzenden Forte, für das sie bekannt sind. Klingsor wird von Eike Wilm Schulte gegeben, der über einen hell timbrierten, hoch wirkenden Bariton verfügt und damit der Figur ein Profil verleiht, das an jenes des ohnmächtigen und gerade darum gefährlichen Herodes aus Richard Strauss’ «Salome» denken lässt. Und dann schlägt hier die Stunde von Thomas Moser, der mit seinem kraftvollen, klar zeichnenden Tenor einen weniger naiven als heldisch entschlossenen Parsifal gibt, und von Violeta Urmana (Kundry), deren weicher, fülliger Sopran üppige Sinnlichkeit verströmt – eine Sinnlichkeit, wie sie auch die durch die Damen des Arnold-Schönberg-Chors Wien unterstützten Blumenmädchen verbreiten. Auch sängerisch ist dieser «Parsifal» – bis hin zu dem exzellenten Amfortas von Albert Dohmen – ein reines Vergnügen.

Szenisch freilich ist die Produktion vollkommen misslungen. Die Bilder, die der italienische Maler Gianni Dessi entworfen hat, sind zwar von farblich betörender Wirkung. Und in der Gralsszene erreicht der Klang, da die Chöre auf einem mächtigen Gestell postiert sind, tatsächlich räumliche Wirkung. Doch die Kostüme von Anna Maria Heinrich scheinen geradewegs dem Opernlexikon entsprungen – und vor allem fragt man sich, was denn in Peter Stein gefahren ist. Er begnügt sich damit, die in der Partitur festgehaltenen Anweisungen wortwörtlich auf die Bühne zu bringen. Pünktlich kommt denn im ersten Aufzug der ausgestopfte Schwan geflogen, blutrot leuchtet das Caquelon, in dem der Gral zu vermuten ist, während der von Klingsor geschleuderte Speer wohl an seinem Draht quer über die Bühne saust, über dem Kopf von Parsifal aber nicht Halt macht, sondern kräftig zurückschnellt. In Klingsors Zaubergarten herrscht fröhliches Hüpfen, Kundry und Parsifal meistern ihre Szene so, wie sie Opernsänger eben zu meistern vermögen. Soll das eine Provokation sein? Oder ist es die pure Ignoranz der komplexen Wirkungsgeschichte gegenüber? Beim Erscheinen des Regisseurs am Ende ein nahezu geschlossenes Buh. Selbst dem exklusiven Publikum der Osterfestspiele Salzburg war das zu viel. Oder zu wenig.

Peter Hagmann | 25.3.2002

Berliner Zeitung

Heiliges Blut in Glut

Gleich zu Beginn ein Wort zum Thema “Schein”: Der dritte Akt von Peter Steins und Claudio Abbados Salzburger “Parsifal” beginnt wie auf dem Mond. In der Mitte ein Krater – matte Erinnerung an den Gralspokal vom ersten Akt – und auch sonst alles alt und öd. Parsifal kommt und ruft sich zum Gralskönig aus und spendet Kundry die Taufe. Da hebt sich der runde Kraterrand wie eine Gloriole über die Szene und schwebt. Karfreitagszauber!, so heißt es im Text.Es schneite aber an diesem Wochenende in Salzburg. In den Pausen der Premiere am Samstag trat man an die Fenster des Festspielhauses, und die Schneeflocken wirbelten durch die Luft, und alle Kirchenkuppeln leuchteten weiß in der Dämmerung, und von den Glockentürmen tönte das Angelusläuten herüber. Das war ein Gefühl wie Weihnachten. Im Festspielhausfoyer sagt uns der Verstand: Weihnachten ist jetzt nicht. Aber was sagt der Verstand im Saal, wo mehr als vier Stunden lang Wagners “Bühnenweihfestspiel” unter künstlichem Licht gegeben wird? Man ist ja extra dazu hineingegangen. Peter Stein, der Regisseur, und auch Claudio Abbado machen ein Bühnenweihfestspiel, wie es im Buch steht: Wenn Wagner schreibt, Klingsor “versinkt schnell mit dem ganzen Thurme”, dann fährt der Turm in den Bühnenuntergrund. Und wenn der von Klingsor geschleuderte Speer über Parsifals Haupt schweben bleiben soll, dann schwebt er auch bei Stein und die Stoppvorrichtung klappert. Über diese Äußerlichkeit des Ernstnehmens ist es leicht, sich lustig zu machen, und dass Stein inszeniert, mit altbekannten Mitteln, als gäbe es draußen keine Welt, ist vielleicht wirklich ein Problem. Was meinte Wagner, als er sagte, mit diesem Werk wolle er “den Kern der Religion” retten? Kann man heute zum Katholizismus konvertieren wie es in der Romantik große Köpfe getan haben? Peter Stein wirkt, als habe er s getan.Als vor zwei Jahren Stein und Abbado “Simon Boccanegra” von Verdi für die Osterfestspiele produzierten, da wurde in dieser Zeitung auf das unbürgerlich Kalte, auf die auch soziale Statik der Inszenierung hingewiesen. Wie damals in Verdis Oper, so stehen jetzt auch in Wagners Bühnenweihfestspiel die Figuren auf der Bühne herum. Allerdings steht die Statik der Sänger nicht gerade in Widerspruch zu der unbewegten Architektonik von Wagners erfundener Heilsgeschichte. Es ist ja eigentlich keiner frei im “Parsifal”. Nun muss man sehen, wie bei Stein auf der Bühne gestanden wird: Kundry, die Verkörperung des Frauenproblems, steht gar nicht. Sie kriecht über den Boden, richtet sich nur zu Beginn Parsifal gegenüber auf, aber der stößt sie gleich wieder zurück. So ist die entscheidende Wende des zweiten Akts, in der Parsifal die Paarbeziehung zu Gunsten des Heils opfert, schon präfiguriert. In der Gralsszene des ersten Akts fallen zum Mysterium des göttlichen Blutes nun alle auf die Knie. Allein Parsifal bleibt breitbeinig stehen – er hat es nicht verstanden. Und dann muss man bisweilen auch sehen, wo jemand steht. Klingsors Lustgarten im zweiten Akt ist ein niedliches Heckenlabyrinth, eine Kette von Golfen und Busen, wie es in Manzonis “Verlobten” heißt, hier klärt Parsifal sein Verhältnis zu den Frauen. Zum Entscheidungskampf mit Klingsor aber tritt er aus dem Garten heraus, so dass dieser zwischen den Gegnern liegt, nur Kundry sitzt noch drin. Auch hier ist der Ausgang der Sache gewissermaßen geometrisch vorherbestimmt.Zum Heilsplan gehört die Geometrie, das liegt im Wort “Plan”. Immer wieder, spektakulär nach der Speerwurfszene, stellt Stein das Kreuz heraus; noch der Schlussvorhang klappt triumphierend in Kreuzform auf wie ein Himmel-und-Hölle Spiel. Um dennoch, trotz der vielen Figuren, etwas wie “Welt” herzustellen, hat Stein die Farben bemüht. Gelb, ein intensives, warmes Gelb, das in den Momenten des Mysteriums, wenn das heilige Blut zu glühen beginnt, in rot übergeht, steht für die Heilswelt des Grals. Stein mischt das Gelb aber gelegentlich auch in die Szenen der Sündenwelt. Und dann schlägt er den Bogen auch wieder zurück. Klingsors Reich sinnenhafter Verführung lässt er nicht untergehen, sondern er folgt einer anderen Vorstellung Wagners, lässt dürres Laub auf den Garten herunterstürzen – zur Sünde gehört der Tod. Beim Wiedereintritt in die Gralswelt erscheint auch diese ins Extrem gealtert.Das unwiderstehlich Fließende von Abbados Dirigat ist bereits im vergangenen Herbst anlässlich der konzertanten Aufführung in Berlin bemerkt worden, man könnte es im Widersspruch zur Statik Steins vermuten. Dieses Dirigat ist eines des allerschönsten, die Zeitpotenziale der Harmonik erspürenden Gewährenlassens. Es identifiziert nichts an der Musik, es lässt sie nur sein. Das hat, wie es auch die Widerstände des Urteilens überspült, etwas Antisubjektives, das recht gut zu Steins eskapistischer Heilsästhetik passt. Das Spiel des Orchesters reicht bisweilen ins Überirdische, schön bis zum Schmerz. Abbado favorisiert eine sanfte, indirekte Tongebung, das Physikalische der Tonerzeugung wird verborgen. Alle Orchestergruppen leisten hier Außerordentliches, am stärksten wirken aber die hohen Streicher, auch deswegen, weil sie auf der rechten Seite des Orchesters sitzen und den Klang in die dem Publikum entgegengesetzte Richtung spielen, von wo er dann samtig gebrochen in den Raum zurückkommt.Mit dem Physikalischen der Tonerzeugung stellt Abbado auch eben das Subjektive, kraftmäßig Hervorgebrachte zurück – der individuelle Charakter der Instrumente wirkt wie aufgehoben, in einem rhetorischen Sinn wird nicht artikuliert. Bereits die Einleitung hat dann etwas so Vollkommenes, dass die Äußerungen der ersten Singstimmen, kehlig hervorgestoßen von sackartigen Lebewesen auf zwei Beinen, wie eine Störung wirken. So erfährt man etwas von dem Widerspruch, dass dieses Bühnenweihfestspiel, Wagners letztes Werk fürs Theater, eine Oper nicht mehr sein will. “Oper” wird “Parsifal” erst, als der Auftritt Kundrys durch einen theaterhaft aufgedonnerten Dominantsept-akkord angekündigt wird. Am Stärksten wirkt die Opern-Aufführung, wo Abbado die generell vortrefflichen Sänger in den Orchestergesang hineinflicht: In der Erzählung des Gurnemanz im ersten Akt, in jener Kundrys im zweiten. Auch hier müssen die Subjekte also verschwinden – wie generell der Gegensatz von Männern und Frauen, dessen klanglicher Ausdruck den Kern der alten Gattung Oper ausmacht. Der Mensch, der singt, geht jetzt im Orchester auf, der Klang des Orchesters geht im Tönen der Gralsglocken auf. Verdächtig viel geht da auf. Kurz vor dem abschließenden Wunder und zu dessen unhintergehbarer Beglaubigung versinkt die Szene in heiligem Lärm. Darauf verdämmert die Musik in strahlendem Gelb.

Klaus Georg Koch | 25.3.2002

Die Welt

Mit Seifenblasen zerplatzt die Erlösung

Schön, aufregend, anrührend, tröstlich ist an diesem seltsamen Salzburger Osteropernereignis der Blick auf Claudio Abbado. Vom dämmrigen Schein aus dem Graben gemeißelt wie ein Caravaggio-Schädel, dramatisch beflackert von der mal präzise kleinen, mal weltumarmend ausufernden Gestik seiner Hände. Das Ohr macht weit: Aus dem Nichts, erhebt sich das “Parsifal”-Vorspiel, licht, ruhig, aber rasch pulsierend atmet es Gralsgedanken, nimmt Erlösung vorweg.

Der scheidende Chefdirigent der Berliner Philharmoniker dirigiert sein Orchester in ihrer letzten gemeinsamen Opernproduktion mit Sorgfalt und Delikatesse; gespannt, doch souverän entspannt. Den Sängern reichen wenige, ohne Text gegebene Einsätze. Sie sind alle rollenerfahren, die fraulich-sinnliche Violeta Urmana (Kundry), der altväterlich durchschlagskräftige Thomas Moser (Parsifal), Hans Tschammer (Gurnemanz), Albert Dohmen (Amfortas), Markus Hollop (Titurel). Die wunderbaren Instrumentalisten folgen sowieso fast blind. Der rational gestimmte, dann wie im November in Berlin sich im dritten Akt sensuell im Leisen wie im martialisch Lauten verausgabende Claudio Abbado scheint dort im Halbschatten alles zugleich: reiner Tor, eifersüchtiger Gralshüter, getreulicher Chronist, flackernde Höllenrose. Er ist das Zentrum, wenn sich schwebende Harmonien auflösen, Diatonik und Chromatik klarsichtig und wirkungsmächtig verschmelzen. “Otello”, “Simon Boccanegra”, “Tristan”, “Falstaff”, “Parsifal”, Verdi und Wagner, Spiele vom Ende der Zeit, liebevoll, dunkel, komisch, tragisch, philosophisch – ein Salzburger Opernkreis schließt sich hier auf köstliche Weise.

Leider gibt es neben den Wunderdingen im Graben ein Bühnengeschehen. Das gefällt nicht. Ob seiner stellprobenhaften Personenregie, seiner männerbündischen Verbiestertheit, seinen pseudofrommen Ersatzrituale, seiner Frauenfeindlichkeit plus schwitziger Erotik. Peter Steins reclam-gerechte “Parsifal”-Zurichtung folgt den 120 Jahre alten Regieanweisungen in Nibelungentreue fest. Nicht einmal mehr auf Wolfgangs Grünem Hügel würde man sich heute ein ähnlich gedankenfaules, vorgeblich naives Bühnenweihfestspiel getrauen. Es wird geschlurft, geschritten, gekniet, den Blick stets gen Himmel. Der von Parsifal geschossene Schwan juckelt am Draht zu Boden. Die pünktlich blutende Kastrationswunde des Gralsherrschers Amfortas ist schicklich an der rechten Brust platziert. Kundry liegt als wildes Fetzenweib in der Ecke, mutiert später in blauen Schleiern überm roten Muttikleid zur Madonna im Paradiesgärtlein und hat wie gehabt (und längst nicht mehr geglaubt) entseelt zu Boden zu sinken.

Das alles ereignet sich ausgerechnet in meist ödmodernistischen, skulptural gemeinten Bühnenbildern von Gianni Dessi, der auch schon einen römischen Autotunnel verziert hat. Die mittelalternden Kostüme (Anna Maria Heinreich) passen sich anspruchslos an. Erst gibt es einen nordisch kahlen Märchenwald, changierend zwischen Munch, Appia und Rudolf Steiner, immerhin mit farbig glühendem See. Dann einen faschistoiden Tempel aus Betonschalen. Klingsor (der dafür zu hell timbrierte Eike Wilm Schulte) lauert wie Herodes auf der Zisternentreppe und schaut auf eine Radarschüssel. Sein Zaubergarten ruckelt als beschnittene Buchshecke nach vorne. Schließlich leuchtet die anfangs seifenblasenbesprühte Karfreitagsaue knallblau, links das Biwak von Gurnemanz, rechts die Kundry-Müllhalde, dazwischen ein monströser Quellkrater. Metaphysik als Theaterpappe. Die Salzburger Osterfestspiele – noch mehr als sonst – ein Ort dekorativ rückwärtsgewandter Opernzelebration. Die einstigen Bilderstürmer und Avantgardisten Stein (bebuht) und Abbado (bejubelt) als verknöcherte Renegaten, verbitterte Konservative. Ob Claudio Abbado sich 1994 so das Ende seines hoffnungsfroh modernistisch gestimmten Anfangs vorgestellt hatte? Der damalige, sensationell die riesige Bühne auskostende “Boris Godunow” von Herbert Wernicke, es war leider schon die beste Regietheaterzeit.

Trotz nicht genug zu preisender musikalischer Meriten: Was szenisch folgte, waren manierliche Steins (“Wozzeck”, “Simon Boccanegra”), ein müder Grüber (“Tristan und Isolde”) und ein paar Dekorateure. Die fein moderne Kammerkonzertreihe “Kontrapunkte” ist zum Feigenblatt geschrumpft, die Preise für junge Komponisten und Literaten waren stets Klüngel-Event. Dafür gibt es im von Berlin ausgeborgten (und bezahlten) Konzertprogramm gleich zum dritten Mal in Folge das Strauss’sche Heldenleben.

Ob das unter Simon Rattle ab nächstem Jahr anders werden wird? Das zweifelhafte System eines verdeckt subventionierten Berliner Philharmoniker-Privatfestivals vermag zunächst auch dieser auf vielen Gebieten erfolgreiche wie smarte Heilsbringer nicht auszuhebeln. Er wird “Fidelio” dirigieren, den hat er schließlich gerade für Glyndebourne gelernt. Mit Nikolaus Lehnhoff hat er einen Regisseur, der das Stück bereits zweimal herausragend inszeniert hat. Auch Haydns “Jahreszeiten” und Mahlers 5. Sinfonie sind bewährte Rattle-Glücksbringer. Immerhin, ein philharmonisches Auftragswerk von Heiner Goebbels, das auch der Salzburg-Society zugemutet wird, lässt hoffen. Schüchtern zumindest.

Manuel Brug | 25.03.2002

ConcertoNet.com

Parsifal sans mystère

Claudio Abbado est sans conteste non seulement une des plus remarquables baguettes de son époque mais qui plus est, un chef particulièrement dans son élément dans le répertoire lyrique. Ses Simon Boccanegra, Boris, Carmen, Wozzeck et Elektra sont rentrés dans la légende. Wagner par contre n’a jamais fait parti de son répertoire de base, à l’opposé d’un Levine, Mehta Barenboim ou plus récemment d’un Rattle. S’il a abordé il y longtemps Lohengrin et a inclus des passages symphoniques de quelques opéras dans quelques de ses concerts, il n’est revenu à Wagner que récemment, avec des représentations de Tristan au festival de Pâques de Salzbourg il y a deux ans, et c’est la première fois qu’il aborde Parsifal.

Cette production était très attendue puisque c’est le dernier opéra qu’Abbado dirige en tant que directeur musical de l’Orchestre Philharmonique de Berlin. Autant le déclarer, tout de suite, elle a déçu que ce soit dramatiquement ou musicalement.

Le talent de Peter Stein est incontestable et il fait certes preuve de métier dans la scène des filles-fleurs ou dans son travail très élaboré de jeux de lumières mais il ne fait qu’effleurer l’œuvre. Ses conceptions des actes I et III sont pauvres, sans doute faisait-on pareil il y a 50 ans. Sans revenir à l’extraordinaire radicale mise en scène que Goetz Friedrich nous avait proposée à Bayreuth dans les années 80, Graham Vick, plus près de nous à l’ Opéra de Paris, nous avait présenté une conception bien plus poussée des personnages et des thèmes que Wagner a mis dans son opéra. Interviewé par le magazine allemand «Buhne»(La Scène), Peter Stein a évoqué qu’il a accepté de monter Parsifal par amitié pour Abbado avec qui il a collaboré pour Wozzeck et Simon Boccanegra mais que Wagner lui reste par trop étranger. Hélas, cela se remarque.

L’«inexpérience» d’ Abbado dans Wagner est également tangible par des choix de tempi bien plus vifs que par tradition. Parsifal est plus que toute œuvre, celle où il faut prendre son temps, se laisser porter par le souffle de la ligne. Abbado tire les deux scènes de transformation du 1er et 3e acte vers le dramatique mais ces passages n’ont pas la même finalité que dans Wozzeck. Si le deuxième acte, plus dramatique s’accommode et bénéficie de cette approche, elle tombe à plat dans les autres actes, bien que ceux-ci soient parmi les plus belles pages de toute la littérature musicale allemande. Son Parsifal, dépourvu de mystère et de sa lumière, n’est plus cette œuvre d’une humanité et d’une profondeur unique où comme le dit Gurnemanz, le temps et l’espace se suspendent.

Le niveau orchestral est naturellement très élevé, comment pourrais-t-il en être autrement avec un tel orchestre dans la fosse. Les cordes sont riches avec un son et un volume extraordinaire, les solistes à tomber à la renverse. Les chœurs sont malheureusement très inégaux : le mélange des chœur d’enfants de Tolz, dont la justesse laisse à désirer et des hommes du chœur Philharmonique de Prague, dont le volume est très insuffisant pour équilibrer le son de l’orchestre, n’est pas convainquant. Les femmes du chœur Arnold Schoenberg sont par opposition remarquables et auraient du intervenir dans l’ensemble de l’opéra.

Mentionnons également une petite erreur: dans la musique de transformation du 3e acte, les cloches présentes sur le bord de la scène couvrent de façon exagérée l’orchestre. Ce passage orchestral est un des plus magnifiques jamais écrit par Wagner ou jamais écrit tout court (pour ceux qui ont la partition dans l’ édition Dover, il s’agit des pages 533 à 542). En 1981, j’avais entendu en concert pour la première fois l’orchestre Philharmonique de Berlin dans une version de concert de cet acte sous la direction d’ Herbert Von Karajan. Je me souviens encore du crescendo obtenu à ce moment, éblouissant de force et d’amplitude mais en même temps plein de lumière et de clarté. Quelle déception alors que j’attendais ce même orchestre dans ce passage que celui-ci soit gâché par ces cloches intempestives.

Thomas Moser est un Parsifal convainquant, mais Placido Domingo à Paris avait plus d’intensité en particulier dans le deuxième acte, même si son allemand n’était pas aussi clair que celui de son collègue américain. Hans Tschammer a toutes les notes que demande le rôle de Gurnemanz mais pas l’aura : il faut chanter ce rôle extraordinaire avec la douceur qui est celle d’un père à son fils. Albert Dohmen n’est pas non plus très émouvant, aucune comparaison avec le souvenir de Thomas Hampson qui avait réservé son premier Amfortas dans les mêmes représentations Parisiennes d’il y a environ un an. Eike Wilm Schulte est par contre un Klingsor dans la grande tradition des barytons noirs Wagnériens. Quand à Violetta Urmana, il faut vraiment s’ appeler Parsifal pour résister à une si extraordinaire Kundry.

Un grand second acte, mais dans son ensemble, une production dont on attendait beaucoup plus.

Antoine Leboyer

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User Rating
(3.5/5)
Media Type/Label
HO
Technical Specifications
320 kbit/s CBR, 44.1 kHz, 541 MByte (MP3)
Remarks
Broadcast (Ö1) from the Salzburger Osterfestspiele
A production by Peter Stein