Die Walküre
Kirill Petrenko | ||||||
Orchester der Bayreuther Festspiele | ||||||
Date/Location
Recording Type
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Siegmund | Johan Botha |
Hunding | Franz-Josef Selig |
Wotan | Wolfgang Koch |
Sieglinde | Anja Kampe |
Brünnhilde | Catherine Foster |
Fricka | Claudia Mahnke |
Helmwige | Christiane Kohl |
Gerhilde | Allison Oakes |
Ortlinde | Dara Hobbs |
Waltraute | Claudia Mahnke |
Siegrune | Julia Rutigliano |
Grimgerde | Geneviève King |
Schwertleite | Nadine Weissmann |
Roßweiße | Alexandra Petersamer |
Neuland unter’m Ölbohrer
Bühnenbildner Aleksandar Denic wartet auch in der Walküre mit einem kongenialen und Castorf-affinen Bühnenbild auf. Es sieht zwar ganz anders aus als das „Golden Motel“ aus dem Rheingold, hat aber doch alle Merkmale jenes bewährten Volksbühnen-Modells, bei dem noch jede Geschichte in eine Behausung eingeschlossen wird, um dann auch das, was darin zwischen den Akteuren so abläuft, live zu filmen und nach draußen zu übertragen. Es ist sicher kein Zufall, sondern eher dialektische Hinterlist, dass die hölzerne Bohrstation, die jetzt die Drehbühne füllt, die Umrisse einer Kirche hat und der Bohrturm einem Kirchturm ähnelt. Nur, dass den kein Kreuz ziert, sondern im dritten Aufzug zwei rote Sowjetsterne oben funkeln. Es ist aber zugleich unübersehbar ein Ort knallharter Ausbeutung von Natur und Mensch. Trotz der Propagandafilme und -sprüche, die den neuen Menschen zeigen, wie er die Natur bezwingt. Und der sowjetischen Parteizeitung Prawda, die ein Funktionär in Rednerpose ziert. Zu Castorfs aparter Dialektik passt auch, dass die Revolte, die die schon im Rheingold an der Route 66 abhängende Zombie-Hippietruppe jetzt, mit der Fahne in der Hand, vor dem Walkürenritt anzettelt, putinpraktisch mit einer Dosis Gas beendet wird.
Für den Aufmarsch der Walküren zu Beginn des dritten Aufzuges liefert die große Terrasse, auf der schon Sieglinde für Hunding eingedeckt hatte, genügend Raum. Außerdem verteilen sich die kriegerischen Damen noch auf den Treppen und lassen ihre Kampfrufe auch von da erschallen. Leider nicht alle mit der gleichen Durchschlagskraft wie Allison Oakes als Gerhilde, aber im Ganzen doch eindrucksvoll. Zumal auch die Kostüme von Adriana Braga Peretzki ziemlich üppig geraten sind. Eine Melange aus Oberschichten- und Kämpferinnenfolklore. Das macht optisch gewaltig was her. Außerdem sieht die Frauentruppe auf den ersten Blick nicht so aus, als würde sie sich von einem Mann etwas sagen lassen. Sie ähneln eher der exotisch fürstlichen Würde des Gewandes, in dem Fricka ihrem Mann entgegen getreten war, als sie von ihm die Einhaltung der Gesetze fordert. Bei diesem exemplarischen Ehe-Streit darüber, was sich Wotan so herausnehmen kann, erkennt man auch ihn zunächst kaum wieder. Da hat er nämlich einen langen Rauschebart und sieht aus wie von Dostojewski erfunden.
Doch der Bart ist schnell wieder ab. Und auch mit diesem angedeuteten Ausflug ins vorsowjetische Aserbaidschan hat es sich bald. Schon bei Hunding, im ersten Akt, hatte es diesen biographischen Zeitsprung gegeben. Wenn der nach Hause kommt und Sieglinde mit ihrem sonderbaren Gast überrascht, dann sieht er mit seinem Zylinder aus wie ein Ölbaron. Wenn Sieglinde dann diese Kopfbedeckung auf dem Kohlkopf ablegt hat, den ihr Mann an der Spitze eines Speers mit sich führte, und sein Profil auf einer Leinwand in Großaufnahme erscheint, dann erinnert er schnell an Stalin persönlich. Die ganze Bühnenarchitektur ist so unheimlich wie die Zeit und die Weltgegend, in die sie verfrachtet wurde. Wer kyrillisch lesen kann, hat einen kleinen Vorsprung beim Entschlüsseln der Propagandalosungen auf dem Dach des Holzschuppens hinter dem hölzernen Ölbohrturm. Aber nur einen kleinen.
Wenn das Rheingold bei Castorf die verlorene Illusion der Freiheit war, so ist dieses Walküren-Aserbaidschan die ins XL-Format gezimmerte verlorene Utopie vom neuen Menschen. Dass auf den Ölfeldern der einstigen Sowjetrepublik dabei der dortige Gründer- und Entdeckerboom des 19. Jahrhunderts mit der stalinistischen Ära überblendet wird, ist das eine. Dass es natürlich trotzdem eigentlich um die unmögliche Liebe zwischen Siegmund und Sieglinde, die göttliche Strafe für den Tabubruch und Brünnhildes Auflehnung dagegen und ihre Bestrafung für den wissenden Trotz geht, das andere.
Castorf verweigert ziemlich konsequent die brave Nacherzählung. Dass es aber, anders als im Rheingold, in der Walküre stellenweise rumstehkonventionell zugeht, mag auch daran liegen, dass Johan Botha (Spitzentenor, aber die darstellerische Verweigerung schlechthin) als Siegmund den ganzen ersten Aufzug trägt (respektive lähmt). Natürlich fasziniert er mit seiner mühelosen Kraft bei den Wälserufen und vermag auch schwelgerisch in das Liebesduett mit Sieglinde einzusteigen. Doch sein Spiel ist eine einzige Verlegenheit von wenigen Gesten und Blicken. Mit ausgebreiteten Armen dastehen und einfach drauflos singen, das wäre selbst in jeder konventionellen Operninszenierung zu viel respektive zu wenig.
Doch seine Kollegen widerlegen die Mär von der Krise des Wagnergesangs als Sängerdarsteller. Anja Kampe ist eine wunderbar leuchtende und aufgewühlt spielende Sieglinde an seiner Seite. Franz Josef Selig stattet Hunding mit einer mustergültigen Durchschlagskraft aus. Wolfgang Koch ist wiederum ein nobler Wotan mit exzellenter Diktion, der seine Kräfte klug einzuteilen versteht. Claudia Mahnke fügt ihrer Rheingold-Fricka eine ebenso überzeugende Walküren-Fricka hinzu. Mit Spannung wurde Catherine Fosters Brünnhilden-Debüt erwartet. Sie faszinierte mit einer zarten lyrischen Brünnhilde. Das war einigen wenigen Zuschauern am Ende des zweiten Aufzuges zu wenig. Petrenko hatte die Foster wohl tatsächlich ein Spur zu sehr ausgebremst. Dafür geriet dann der dritte Aufzug für die Sopranistin zu einem Triumph.
Musikalisch bietet Kirill Petrenko auch in seiner Walküre eine musikalische Ring-Exkursion der Luxusklasse. Ohne vordergründiges Pathos, mit viel Sinn fürs transparente Detail und die musikalische Rede, die Transparenz des Klanges. Dynamisch spannend bei der Sturmmusik, mit Hineinlauschen ins Lyrische, zart in der Todesverkündigung, aber auch mit Verve beim Walkürenritt oder mit großer Geste bei Wotans Abschied.
FAZIT
Mit seiner Walküre vollzieht Frank Castorfs einen Sprung in eine andere Epoche und an ein anderes Ende der Welt. Er bleibt dem Öl und seiner Wirkung auf der Spur- produziert dabei interessante Überblendungen aber auch jede Menge offene Fragen. Musikalisch bleibt Kirill Petrenko der souveräne Herr im Graben. Das vokale Niveau ist hoch – das darstellerische differenziert.
Roberto Becker | Festspielhaus Bayreuth am 27.7.2013
Glühendes Wollen
Umzingelt ist der Grüne Hügel von einer Armee kleiner bunter Wagners. 102 Zentimeter groß, erreichen sie nicht ganz die Lebensgröße des Festspielgründers, doch es sind viele, und sie halten ihre Arme gebieterisch erhoben. 500 Wagners hat der Künstler Ottmar Hörl aus Kunststoff fertigen lassen, in fränkischer Handarbeit natürlich. Gegen Diebstahl sind sie fest verankert, ein eigener Wachschutz nimmt regelmäßig die Parade ab. Die Wagners wollen alle nur das eine: dirigieren, das Tempo vorgeben, den Einsatz bestimmen.
Diese Aufgabe liegt beim Jubiläums-„Ring“ in den Händen von Kirill Petrenko. Zum Glück hat ihn die lange Ungewissheit über seinen Regiepartner nicht zum Rückzug verleiten können. Lange und akribisch hat sich der 41-jährige Russe auf seinen Einsatz in Bayreuth vorbereitet, der nun auch zum Vorspiel für seinen neuen Posten geworden ist: Petrenko wird mit der nächsten Saison 2013/14 Nachfolger des in München glücklosen Kent Nagano. „Ring“-Musiker und Festspielbesucher aus der bayrischen Hauptstadt erkennt man heuer am wohligen Lächeln selbstverständlicher Gewinner. Der scheue Maestro hat sie alle für sich einnehmen können. Nicht mit selbstherrlichem Auftreten und welterklärenden Reden, sondern mit freundlicher Unnachgiebigkeit und Energie, Energie, Energie.
Der „Ring“ stand bei Petrenko ganz zu Beginn seiner Karriere, als er mit 28 Jahren Generalmusikdirektor in Meiningen wurde. Dort stemmte er mit zwei Orchestern Wagners Operntetralogie an vier aufeinanderfolgenden Abenden. Glühendes Wollen und Können eines geborenen Theatermusikers. Die Jahre nach seinem Ausscheiden als Musikchef der Komischen Oper nutzte Petrenko für rastlose Studien. Über das Ergebnis stöhnten zu Probenbeginn nicht wenige Festspielmusiker. Was der alles korrigieren, anders hören will! Dabei kennt und kann man hier doch schließlich seinen Wagner. Doch Petrenko breitete beharrlich seine Arme aus – und das Festspielorchester ließ sich nach und nach begeistert in sie hineinfallen.
Petrenko lässt Wagners zugespitzer Harmonik ihre Gewalt
Das spürt man auch im Vorspiel zur „Walküre“, dieser sturmgepeitschten Nacht, durch die die Wucht der Blitze zuckt und des Donners Grollen: Petrenko muss dabei keinen von Wagners Effekten zusätzlich aufladen, er kann sie sogar klären, parieren, bis auf die Sehnen freilegen, ohne dass die Faszination dadurch abflaute – im Gegenteil. Zügig schreitet der Dirigent voran, ruht sich nie auf geborgtem Pathos aus. Hier gibt es kein mystisches Wabern, kein Raunen, keine Runen. Dafür erscheint das, was oft in pastösen Mischklängen ausgepinselt wird, als das, was es ist: unerhört! Wer an der Modernität Wagners nach allzu altmeisterlichen Zelebrationen zu zweifeln begann, kann in Bayreuth aufatmen. Petrenko kehrt nichts unter den Klangteppich, lässt Wagners zugespitzter Harmonik ihre Gewalt, doch er drückt nicht nach. Was immer zart angelegt ist, wird mit größter Feinheit musiziert. Nur ins weihevolle Schreiten wechselt der Ausdauerläufer am Pult dafür nie.
Auch für die Sänger erweist sich Petrenko als Glücksfall, ist er doch einer der raren Dirigenten, die nie vergessen, wie unmöglich Wagner für Stimmen komponierte. Blitzschnell schlägt er Schneisen im Klanggefüge, bahnt seinen Sängern den Weg, ist eines Atems mit ihnen. Dank ihm findet Catherine Foster bei ihrem unsicheren Hügel-Debüt als Brünnhilde am Ende zu einem Applaus, der ihrem Stimmpotenzial gerecht wird. Franz-Josef Selig stemmt souverän einen sinistren Hunding, und Johan Botha kann als Siegmund seine Vokalmacht klug ausspielen. An seiner Seite steht die zu allem bereite Sieglinde von Anja Kampe. Einer aber wächst im Abschied von der Macht über sich selbst hinaus: Wolfgang Koch singt in dieser „Walküre“ den Wotan seines Lebens, der umso mehr ins Herz trifft, weil im Graben niemand auf die Theatertränendrüse drückt.
Und Frank Castorf? Der scheint sich in der „Walküre“ mal regiefrei genommen zu haben. Die Sänger geistern sich selbst überlassen durch einen Bohrturm. Könnte etwas von „There Will Be Blood“ haben oder auch von Lars von Triers „Dogville“, wenn Castorf nur darauf Lust gehabt hätte. Immerhin: Auf dem Videoschirm sehen wir, dass die Sahnetorte, die der Berliner Regisseur für Bayreuth spendieren wollte, aufgegessen wird. Wie geht es nun weiter, wenn mit „Siegfried“ die liederliche Kinderstube eines neurotischen Helden zu besichtigen sein wird? Ob die Regie dann noch einmal zurück ins Spiel findet? In jedem Fall kehren große Sänger zurück auf die Festspielbühne. Ihnen gilt unser Ohr – nach einem spielfreien Tag mit Blitzen über dem Grünen Hügel.
ULRICH AMLING | 28.07.2013
Das Festspielorchester unter Kirill Petrenko auf dem Vormarsch: Vorwiegend statische „Walküre“ bei den Bayreuther Festspielen
Die Zeitreise der Bayreuther Neuinszenierung des „Ring des Nibelungen“ hat einen Sprung nach hinten getan: Nach dem „Golden Motel“ der 70er-Jahre des 20. Jahrhunderts begegnet der Zuschauer den Personen der Handlung in der „Walküre“ in deutlich anderem Kostüm und neuer Maske zu Beginn des 20. Jahrhunderts wieder. Die Inkontinuität der szenischen Erzählweise gemahnt dabei an jenen Stuttgarter „Ring“-Zyklus, dessen vier Teile von unterschiedlichen Regisseuren ins Bild gesetzt worden waren. Zur dramaturgisch unklaren Szene musizierte das Festspielorchester unter Kirill Petrenko auf bestem Festspielniveau.
Frank Castorf siedelt die Handlung des ersten Tages des Bühnenfestspiels in Baku in Aserbaidschan an. Hierfür hat Aleksandar Denić die Drehbühne mit einem kathedralenartigen Bohrturm zur Erdölförderung, diversen Treppenbauten und einer großen Halle mit Bohrhammer auf Schienen, aber auch mit allerlei unnötigem Gerümpel angefüllt. In Hundings Hütte gibt es zwar keine Weltesche, aber einen Käfig mit Truthahn und als Hundings Trophäe einen Erschlagenen auf einem Schlitten. Das Schwert Nothung, welches keineswegs „bis zum Heft“, sondern nur mit der Spitze in einem Baumstumpf steckt, ist zunächst nur als Videoprojektion sichtbar. Die Projektionen erfolgen an diesem Abend auf verschiedenen weißen Tüchern, deutlich sparsamer eingesetzt als beim Vorabend und nun nur in Schwarzweiß, mit längeren historischen Spielfilmsequenzen zum Thema frühe Erdölförderung.
Auch das Spiel der Protagonisten ist stark reduziert und leider obendrein häufig arg beliebig. Bei Wotans langer Erzählung hört Brünnhilde ihm kaum zu, geht oft ab, füllt Nitroglyzerin für neue Sprengungen in Gläser und verlädt diese in eine quietschende Schubkarre. Erhellend ist die sonst nicht zu sehende Szene zwischen Sieglinde und Hunding im Schlafgemach als Videosequenz: sie verführt ihren Gatten nach allen Regeln der Weiblichkeit um ihn mit einem Schlaftrank schachmatt zu setzen. Aber – zum Monolog des Siegmund – erfolgen umfängliche Filmsequenzen einer Dame, die sich an Eistorte überfrisst und dabei telefoniert; diese ist im Personal der „Ring“-Handlung nicht zu orten.
Mag sein, dass einiges an Statik der Besetzung, insbesondere dem Siegmund von Johan Botha geschuldet ist, der aufgrund seiner Körperfülle über wenig Beweglichkeit verfügt. Dass aber auch Wotans Abschied szenisch uninszeniert erscheint, kann nicht auf den darstellungsintensiven Bariton Wolfgang Koch zurückgeführt werden. Hunding (Franz-Josef Selig) erscheint in der Maske Stalins und führt eine hohe Stange mit sich, auf welcher sein Zylinder aufgepflanzt wird. Wotan liest die Prawda, und diese Zeitung wird noch wiederholt ins Bild gesetzt. Dem Spruchband zur Produktionssteigerung folgen auf Wänden und Dächern revolutionäre Sprüche in russischer und aserbaidschanischer Sprache. Zwischen zwei Szenen des zweiten Aufzugs verliert Wotan seinen langen, russischen Vollbart; beim Mord an seinem Sohn Siegmund greift er zur Zigarette, die Brünnhilde ihm zuvor wegen Explosionsgefahr gelöscht hatte.
An Francis Ford Coppolas Film „Apokalypse now“ gemahnt die Vergiftung von sechs Kämpfern bei der Musik des Walkürenritts. Die Walküren-Szene ist als vorrevolutionäre Party gestaltet, mit einer roten Fahne als Tischdecke. Die Geißel schwingende Fricka (schön differenzierend: Claudia Mahnke), von einem Statisten auf die Szene getragen, sieht im Kostüm von Adriana Braga Peretzki aus, als sei sie eine Prinzessin aus einem aserbaidschanischen Märchenballett. Die Walküren sind gedresst, als kämen sie aus verschiedenen russischen Volksopern. Kurioserweise hat Brünnhilde während ihrer Flucht vor Wotan noch Zeit, ihren vordem schwarzen Anzug mit Cut gegen einen Prachtrock und Showhelm auszutauschen. Schließlich steigt sie in ein Etagenbett, beobachtet aber bis zuletzt mit offenen Augen (wenn auch nur in der Videoprojektion sichtbar) den von Wotan entzündeten Öltank.
Trotz aller Bezüge zur Zeitgeschichte des frühen 20. Jahrhunderts bleiben die politischen Funktionen der Haupthandlungsträger im Unklaren, deren karge Handlungsabläufe erscheinen bestenfalls als private Marginalien inmitten politisch verworrener Zeitläufte.
Dafür gewinnt Wagners Musik an diesem Abend um so mehr an Eigendynamik. Das beginnt schon mit dem klar strukturierten, dynamisch aufgepeitschten Vorspiel und den sehr differenziert eingesetzten Streichergruppen, insbesondere traumhaften Violoncello-Kantilenen. Den Walkürenritt nimmt Kirill Petrenko hingegen eher verhalten, auch die Dynamik des Feuerzaubers ist stark zurückgenommen. Der optisch nur durch den ersten Einsatz der Drehscheibe unterstützte Frühlingsbeginn erfolgte im Orchester sehr nuanciert, von Johan Botha auch trefflich schön im Piano intoniert. Dass der Tenor die von ihm oft gesungene Partie des Siegmund textlich noch immer nicht beherrscht, ist allerdings verwunderlich.
Heftigere rhythmische und Textprobleme hat Wolfgang Koch, der sich als Wotan gleichwohl deutlich mehr profilieren kann als am Vorabend. Nach dem zweiten Aufzug musste Catherine Foster als Brünnhilde Buhrufe einstecken – trotz merklicher Intonations- und Ausspracheprobleme zu Unrecht, denn der Unmut galt offenbar ihrer quasi kindlich leichten Tongebung. Das Walküren-Oktett war nicht ganz sicher und auch wenig homogen; hier fielen die Siegrune von Julia Rutigliano und die Schwertleite von Nadine Weissmann positiv auf. Die rundeste gesangliche Leistung bot Anja Kampe als Sieglinde mit satter Mittellage, strahlender Höhe und einem in Erinnerung bleibenden, gellenden Schrei beim Tod Siegmunds.
Da sich das Regieteam, wie heute in der Hauptversammlung der Gesellschaft der Freunde von Bayreuth verlautbart, erst am Ende der „Götterdämmerung“ verneigen wird, gab es am Ende des Premierenabends keinerlei Unmutsäußerungen, viele Bravos hingegen für den Dirigenten und die Solisten, und auch für Catherine Fosters Brünnhilde nur Zuspruch.
Peter P. Pachl | 28.07.2013
Premiere, PO |
A production by Frank Castorf (premiere)
This recording is part of a complete Ring cycle.