Die Walküre

Guillermo García Calvo
Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz
Date/Location
1 March 2019
Forum am Schlosspark Ludwigsburg
Recording Type
  live  studio
  live compilation  live and studio
Cast
SiegmundKlaus Florian Vogt
HundingMagnus Piontek
WotanAris Argiris
SieglindeAstrid Kessler
BrünnhildeCatherine Foster
FrickaMonika Bohinec
HelmwigeDaniela Köhler
GerhildeCaroline Wenborne
OrtlindeMagdalena Hinterdobler
WaltrauteSylvia Rena Ziegler
SiegruneFranziska Krötenheerdt
GrimgerdeNathalie Senf
SchwertleiteSophia Maeno
RoßweißeDiana Selma Kraus
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BOMBASTISCHES IN ROT

Wie stark das Seelenleben der handelnden Figuren im zweiten Teil von Richard Wagners Bühnenfestspiel „Der Ring des Nibelungen“ im Mittelpunkt steht, machte diese glanzvolle konzertante Aufführung der „Walküre“ mit dem Theater Chemnitz und der fulminanten Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz unter der einfühlsamen Leitung von Guillermo Garcia Calvo deutlich. Man braucht nicht immer eine Inszenierung, um dieses Werk ganz zu begreifen. Siegmund ist hier auf der Flucht und sucht Schutz bei Sieglinde und Hunding. Zugleich erkennt Sieglinde ihren Bruder – und die Geschwister verlieben sich ineinander. Hunding dagegen fordert als eifersüchtiger Ehemann Siegmund zum Zweikampf heraus. Um Siegmund zu helfen, stellt Wotan ihm Brünnhilde zur Seite. Seine Gattin Fricka mokiert sich dagegen über das inzestuöse Verhältnis der Geschwister. Sie erreicht, dass Wotan sich schließlich einverstanden erklärt, dass Siegmund fällt. Brünnhilde gelingt es nicht, Siegmund zu retten. Sie flieht mit der schwangeren Sieglinde vor dem Zorn Wotans. Schließlich wird Brünnhilde von Wotan auf einen feurigen Felsen verbannt. Aus dieser Gefangenschaft kann sie nur durch einen Mann und künftigen Gatten befreit werden.

Die Steigerungsmacht dieser Musik kam dank der glühenden Wiedergabe mit der Robert-Schumann-Philharmonie unter Guillermo Garcia Calvo in fesselnder Weise zum Vorschein. Gerade die minuziöse Herausarbeitung der einzelnen Motive gehörte hier zu den großen Vorzügen dieser Interpretation, die auf das Bombastische und Monumentale immer wieder großen Wert legte. Die harmonische Inspiration feierte so Triumphe, die sich vor allem auf die Sänger übertrugen. Sowohl Klaus Florian Vogt als heller und strahlkräftiger Siegmund als auch Astrid Kessler als ungemein höhensichere und stimmlich bravourös aufleuchtende Sieglinde entwickelten sich hier zu einem Traumpaar der Wagnerschen Tonsprache. Im zweiten Akt gelang es dem Dirigenten Guillermo Garcia Calvo ebenfalls ausgesprochen gut, die ununterbrochene Reihe von Dialogen in konzentrierter Weise zu bündeln und zu steuern. Nicht nur bei der „Todverkündigung“ besaß Catherine Foster als Brünnhilde bewegende Momente, die die leidenschaftliche Emphase ihres Gesangs regelrecht beflügelten. Wagner selbst meinte dazu: „So etwas kann man kaum noch komponieren nennen.“ Auch schauspielerisch gingen die einzelnen Sänger bei dieser überzeugenden Produktion ganz aus sich heraus. Dies galt nicht nur für den robusten und stimmgewaltigen Bassisten Magnus Piontek als Hunding, sondern auch für Monika Bohinec als leidenschaftliche Fricka und vor allem für Aris Argiris als erhaben-emphatischen Wotan, der sich am Schluss beim berührenden Abschied von Brünnhilde noch einmal gewaltig steigerte.

Die Walkürenszenen mit Daniela Köhler (Helmwige), Caroline Wenborne (Gerhilde), Magdalena Hinterdobler (Ortlinde), Sylvia Rena Ziegler (Waltraute), Franziska Krötenheerdt (Siegrune), Diana Selma Krauss (Rossweiße) und Nathalie Senf (Grimgerde) Sophia Maeno (Schwertleite) besaßen hier eine ungeheure Wucht und geradezu feurige Ekstase. Überwiegend in flammendes Rot gekleidet, wirkten diese Sängerinnen dabei wie ein wilder harmonischer Feuersturm, der sich immer weiter auffächerte. Schon der Gewittersturm gleich zu Beginn gelang Guillermo Garcia Calvo in seinen dynamischen Kontrasten ausgesprochen packend und atemlos. Der Einschlag des Blitzes auf dem tiefen A (mit Kontrabass-Tuba und zwei Pauken) besaß wirklich etwas ungemein Elektrisierendes. So konnte sich das Sturmmotiv immer ungehemmter entwickeln. Auch das Crescendo der aufblühenden Liebe zwischen Siegmund und Sieglinde besaß dabei etwas Sphärenhaftes und geradezu Metaphysisches. Und das schwermütige Siegmund-Motiv erfasste Klaus Florian Vogt ganz ausgezeichnet. Sieglindes Entschluss zur Ergreifung des Schlafmittels bei den Tönen G bis As in den Bässen erreichte hier ebenfalls eine ungeahnte Intensität. Das zu beschleunigender Bewegung vorwärtsstürmende Siegschwertmotiv beim Beginn des zweiten Aktes gelang dem Dirigenten Guillermo Garcia Calvo ebenfalls ganz hervorragend. Da hatte er die einzelnen Stimmen des Orchesters voll im Griff. Der unheimliche und mit dem Fluchtmotiv verschmelzende Hunding-Rhythmus machte sich dann immer drohender bemerkbar. Aris Argiris als emotionaler Wotan ließ die grellen Dissonanzen des Fluch-Motivs bei den Tönen D zu Des im Grundakkord und daraufhin Ges zu G („O heilige Schmach!“) in exzellenter Weise deutlich werden. Der Walkürenritt mit seinem geradezu orgiastisch interpretierten Walküren-Ruf und dem Walküren-Motiv sorgte im dritten Akt dann nochmals für einen fesselnden Höhepunkt bei dieser Aufführung in Ludwigsburg. Speer-Motiv und Beschirmungs-Motiv am Schluss erreichten bei dieser Wiedergabe unvergessliche Augenblicke. Wotans Abschied ließ die E-Dur-Welt in geradezu mystischer Weise erstrahlen. Der umsichtige Dirigent Guillermo Garcia Calvo forderte dabei magische Momente heraus.

Es war eine Wiedergabe aus einem Guss, die kaum Wünsche offenließ. Ovationen.

Alexander Walther | 02.03.2019

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Media Type/Label
Technical Specifications
320 kbit/s CBR, 48.0 kHz, 530 MByte (MP3)
Remarks
Broadcast (Deutschlandfunk Kultur) of a concert performance