Götterdämmerung
Hannu Lintu | ||||||
Finnish National Opera Chorus and Orchestra | ||||||
Date/Location
Recording Type
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Siegfried | Daniel Brenna |
Brünnhilde | Johanna Rusanen |
Gunther | Tuomas Pursio |
Gutrune | Reetta Haavisto |
Alberich | Jukka Rasilainen |
Hagen | Rúni Brattaberg |
Waltraute | Tuija Knihtilä |
Woglinde | Marjukka Tepponen |
Wellgunde | Mari Palo |
Floßhilde | Jeni Packalen |
1. Norn | Maiju Vaahtoluoto |
2. Norn | Jenny Carlstedt |
3. Norn | Sonja Herranen |
Stage director | Anna Kelo (2024) |
Set designer | Mikki Kunttu |
TV director | Tina Siniketo |
Beeindruckende Bildwelten
Der neue „Ring des Nibelungen“ an der Finnischen Nationaloper Helsinki (FNO) in der Inszenierung von Anna Kelo, im Bühnenbild und Lichtdesign von Mikki Kunttu und den Kostümen von Erika Turunen ging nun mit der „Götterdämmerung“ oder dem „Jumalten tuho“, wie die Finnen sagen, bzw. der „Ragnarök“ auf Schwedisch, mit einer wieder spektakulären Premiere zu Ende. Denn schon das „Rheingold“ 2019 wartete mit großartigen Bildwelten auf, die vor allem dem Wagnerschen Mythos in der Tetralogie Ausdruck verliehen.
In der „Götterdämmerung“ zeigte der geniale Lichtdesigner Mikki Kunttu, was man alles mit diesem Medium im Operntheater erreichen kann, zumal in einem voll ausgespielten Bühnenbild in Tiefe und Höhe und nicht nur auf den drei bis vier Metern im Vordergrund, wie man immer wieder erlebt. Kelo und Kunttu schufen Bildwelten mit prachtvoller und immer wieder auch subtiler Farbästhetik, die in bemerkenswertem Einklang mit den Aussagen der Figuren und der Partitur stehen. Ganz offenbar war große Sachkenntnis am Werk. Ein paar albern wirkende Regietheateranspielungen könnte man ohne jeden Wirkungsverlust einfach weglassen.
Der GMD der FNO, Hannu Lintu, führte mit dem Orchester der Finnischen Nationaloper einen grandiosen Wagnerklang vor, sehr plastisch und prägnant, der damit bestens zu den Bildern passte. Der von Tatu Erkkilä einstudierte Chor hatte Bayreuth-Niveau! Daniel Brenna als Gast sang einen kraftvollen und sehr engagierten Siegfried, Johanna Rusanen steigerte sich im Laufe des Abends zu einer hochdramatischen und beeindruckenden Brünnhilde. Tuomas Pursio war ein klangvoller und ausdrucksstarker Gunther. Der alte Haudegen Jukka Rasilainen beindruckte immer noch mit seinem Alberich und Reeta Haavisto sang eine gute Gutrune. Tuija Knihtilä war eine nachdrückliche Waltraute. Nur Rúni Brattaberg konnte als Hagen mit einer relativ klanglosen und nur lauten Stimme auf diesem Niveau nicht mithalten.
Ein großer Abend an der FNO vor vollem Haus. Begeisterter Applaus!
Klaus Billand | 19.05.2024
Zu sehen sind die gleichen szenischen Elemente wie in den vorangegangenen Teilen. Felsengebirge, Gibichungenburg und Walhall werden mit großen schwarzen Blöcken angedeutet. Verglichen mit den vorigen drei Teilen ist die Beleuchtung zwar nicht weniger aufwendig, insgesamt ist die Bühne aber wesentlich dunkler und weniger bunt – mit Ausnahme des Schlußbildes. Wir befinden uns in einer endzeitlichen Welt. Die Sänger und Statisten haben stilisierte Gasmasken auf, sobald sie die Burg Gunthers verlassen, und Siegfried wird, als er vom Walkürefelsen dort ankommt, zunächst von einem Ärzteteam untersucht, bevor er zu Gunther vorgelassen wird. Der hält sich, wie seine Schwester Gutrune, in einem schützenden Ei auf und ist überhaupt recht vorsichtig; Brünnhilde wird beispielsweise sicherheitshalber in einem Käfig transportiert. Aus einem großen Ei war im Rheingold auch Alberich geschlüpft, der in einer Albtraumsequenz seinem Sohn Hagen erscheint und zu einem gespenstischen Vogel zu mutieren beginnt. Siegfried ist anfänglich ein naiver Charakter, der auf dem Walkürefelsen einen Gemüsegarten angelegt hat, jeden Unbekannten umarmt und sich aus den Gewächsen, die er findet, etwas zu Essen rupft. Seine burschikose Art scheint nach Einnahme des Trankes nur noch gelegentlich durch, und am Ende des ersten Aufzugs erniedrigt er Brünnhilde ohne die geringste Spur von Empathie. Spektakulär sind die Nornenszene, in der die drei Töchter Erdas als gezackte Berggipfel erscheinen, und die Gestaltung der Schlußsequenz: Als Brünnhilde das Feuer entzündet, hat sich der riesige Ring, den man in der Walküre sehen konnte, herabgesenkt und beginnt aufzulodern. Er zerfällt brennend in seine Teile, als sich die gesamte Szene in den Rhein hinabsenkt und am Schluß erscheinen die Götter im rauchenden Walhall, das ebenfalls unter den letzten Akkorden in der Tiefe versinkt. Riesige Ringe finden sich auch diesmal im überall Bühnenbild wieder, etwa in der Gibichungenhalle oder auf den Zwischenvorhängen. Sie erinnern an die Korona einer Sonnenfinsternis. Beleuchtung und Videoeffekte verdeutlichen oft den Wortinhalt, etwa in der Nornenszene, wenn das Gebirge zu brennen beginnt, sobald vom Brand der Weltesche die Rede ist, oder wenn sich die Szene erhellt als Hagen sich als Sohn Alberichs zu erkennen gibt.Sänger und OrchesterHannu Lintu blieb seinem Ansatz aus den vorigen Ring-Teilen treu und setzte auf eine rhythmisch und dynamisch blockhafte Gestaltung der Partitur. Das bedeutet, daß die kräftigen Farben dominierten und das Orchester generell recht laut spielte. Solisten und Chor hatten also immer gegen eine recht stabile Wand anzusingen und gaben ihr Möglichstes. Enorm waren die Tenorspitzen in den Chören der Mannen. Der druckvolle Vortrag hinterließ im Laufe des Abends nicht nur bei einigen Sängern, sondern auch im Orchester seine Spuren, vor allem im Blech. Und durch die gedehnten Tempi schwoll die Spieldauer des ersten Aufzugs auf imponierende volle zwei Stunden an. Zu den Solisten im einzelnen: Daniel Brenna (Siegfried) hat eine wandelbare Stimme und gute Aussprache, ist aber auch ein begnadeter Darsteller mit seinem schalkhaften, beweglichen Vortrag. Sein Siegfried zeichnet sich durch eine jugendliche Unbeschwertheit aus und musikalisch leistete er viel Detailarbeit, die mitunter vom Orchester überdeckt wurde. Johanna Rusanen (Brünnhilde) teilte sich ihre schwere Partie geschickt ein. Zwar drang sie ohne Probleme stets durch den dichten Orchesterklang hindurch, doch am Ende zeigte sie in ihrem Schlußmonolog, über was für gewaltige stimmliche Reserven sie verfügte. Mimisch ist sie vor allem in den tragischen und energischen Momenten ausdrucksstark. Rúni Brattaberg (Hagen) steht ihr in letzterer Hinsicht in nichts nach. Er verfügt über eine mächtige physische Erscheinung. Der Klang seiner Stimme war, vielleicht bedingt durch das starke Orchester, heterogen, was seiner Interpretation jedoch eine interessante Note verlieh. Zeitweilig klang er wie ein Heldenbariton mit einer soliden Höhe, zeitweilig war seine Stimme in der Mittellage etwas rauh und glanzlos, was seinem finsteren Charakter aber gut anstand. Jukka Rasilainen (Alberich) ist ein Dämon, der seinen Sohn peinigt und hat ein unnachahmlich bösartiges Mienenspiel. Seine Aussprache war jedoch wieder sehr unausgeglichen; mitunter fallen bei ihm die s- und t-Laute komplett weg. Tuomas Pursio (Gunther) sang und spielte seine Rolle elegant und beinahe etwas kühl. Sein Registerausgleich ist kultiviert, die Klanggebung über weite Strecken makellos; lediglich bei ein paar langen, lauten Tönen machte sich ein Tremolo bemerkbar. Reetta Haavisto (Gutrune) machte aus ihrer Rolle darstellerisch und gesanglich das Beste. Eine beeindruckende Leistung lieferte Tuija Knihtilä (Waltraute) ab. Ihre Stimme hat ein samtweiches, volles Register in der Tiefe, das sie zum Ende ihrer Erzählung sehr schön zur Geltung brachte. Noa Beinart (erste Norn) war von den drei Sängerinnen der Nornenpartien diejenige mit der besten Aussprache und Stimme. Die im Vergleich zum Rheingold gealterten Rheintöchter – Marjukka Tepponen (Woglinde), Mari Palo (Wellgunde) und Jeni Packalen (Floßhilde) – spielen beweglich im Schatten. Da Lintu für ihre Gesänge ein recht flottes Tempo wählte, wollte sich aber kein verschmelzender Ensembleklang einstellen.FazitDer neue Ring in Helsinki ging musikalisch kraftvoll und bildgewaltig zu Ende. Von der Inszenierung her ist die Götterdämmerung der düsterste Teil geworden, sowohl von der Beleuchtung als auch dem Inhalt her, was ja auch vollkommen angebracht ist. Von den derzeit in den meisten Opernhäusern zu sehenden Inszenierungen der Tetralogie unterscheidet sich diese finnische Produktion dadurch, daß sie Wagners Regieanweisungen strikt respektiert. Es gibt nur ganz wenige, die Handlung verdeutlichende oder intensivierende Abweichungen, aber keinen Ansatz zu einer eigenen Erzählung. Selbst die nur schwer umzusetzenden szenischen Anweisungen Wagners für den Schluß werden vollständig umgesetzt. Hier läßt sich sehen, zu welch umwerfenden Resultaten eine genaue Befolgung und Koordination der originalen szenischen Anweisungen mit der Musik in der Oper führen kann. Diese Götterdämmerung ist jedoch kein historisierendes Kostümdrama geworden, sondern übersetzt Wagners Ring in eine zeitlose Bildsprache.Die musikalische Interpretation mit dem starken Orchester mag nicht jedermanns Sache sein, gibt dem Ganzen aber auf jeden Fall einen unverwechselbaren Charakter und verlangt den Solisten das Äußerste ab. Die Sängerinnen und Sänger der Hauptpartien sind ausgezeichnet, der Chor glänzend. Das Publikum feierte die Interpreten, allen voran Johanna Rusanen, und das Orchester enthusiastisch. Eine Götterdämmerung für alle, die eine Auszeit vom Regietheater brauchen.
Dr. Martin Knust | 18. Mai 2024
The destruction of the gods was intoxicating with its glorious power
Die Götterdämmerung, Destruction of the Godsis by Richard Wagner the longest opera of the four-part Ring of the Nibelung. It lasts five and a half hours with breaks.
The performance didn’t seem too long, and the enthusiastic audience rewarded the singers and the orchestra with stormy shouts and cheers.
The intensity remained unrelenting until the end and culminated intoxicatingly with the glowing scene of destruction at the end, where Gibichungie Castle and Valhalla burn to the ground. Johanna Rusanen the high flames of the dramatic soprano blazed and carried the orchestra through the roaring and rolling current with sheer incredible splendor. The magical symbol of destruction was a large burning ring in the center of the stage.
Thank you so much Hannu Linnun led by the National Opera Orchestra as well as a wonderful group of soloists Mikki Kuntun for staging, lighting and video design.
First the scene was pure visual magic. Earthmother Erda’s three daughters, Norna, appear in a blue-eyed mythical vision to complain about the destruction and decay of the world of the gods.
In that world, the Nibelung ring has been fought over, where curse and death lie.
The Norns lived Noah Beinart, Niina Keitel and Sonja Herranen mesmerize with their hauntingly beautiful and poetic singing. Norns weave the thread of the world’s fate. When it breaks in their hands, the Norns know they can’t predict what’s to come.
In the destruction of the gods, people take fate into their own hands. That’s not going well. The road leads to destruction.
Supervisor Anna Kelo and costume designer Erika Turunen have given a rather everyday and modern look to their characters. The idea is to lead the story of the Ring of the Nibelung from antiquity to the present and a dystopian future.
Kelo has stripped Brünnhilde and Siegfried of their mythical aura and turned them into ordinary people. In their first, big love scene, Brünnhilde Rusan and the American girl Daniel Brenna have become busy gardeners who grow plants in grow boxes and taste them. Both are childishly enthusiastic.
Brenna has a youthful hero tenor that sizzles sustainably. Sometimes he had to push it, but the technique worked perfectly until the end.
In Hagen Castle, the atmosphere is casual and troubled. It seemed like Kelo couldn’t quite figure out what to do in this scene. The childish enthusiasm of the country boy Siegfried is highlighted. He seems to miss Hagen as a father figure without realizing how villainous and scheming this is.
The power of the scene is in the strong voices, Tuomas Pursion In Gunther’s darkly dark and stable bass baritone, the Faroese bass Rúni Brattabergin In Hagen’s boldly rumbling bass and Reetta Haaviston In the radiant lyricism of Gutrune’s soprano.
Kuntu’s lighting design often created a warm nuanced glow on the stage. Because Kuntun knows how to be a magician with light and video effects, he was constantly waiting for some visual miracle. At Siegfried’s welcome party, the wait was rewarded with a surprise. Four gigantic animal gods appeared on the stage: an eagle, a sheep, a ram and a pig. They are apparently holograms, which were watched in wonder.
The Reinintyttaret of the third act takes you from the human world to a fairy-tale blue twilight for a moment. Marjukka Tepponen, Mari Palo and Jeni Packalén with their beautiful voices conjured for a moment a happy vision of the happy early days, when Rhine gold still shone at the bottom of the Rhine.
At the bottom of the Rhine, in the natural state, the ring forged from the gold of the Rhine belongs and Brünnhilde throws it there in her sacrificial death.
The presentation the biggest heroes are the orchestra led by Linnu and Rusanen’s Brünnhilde. Rusanen sang unrelentingly luminously and forcefully.
From the magic of Wagner’s leading motifs, Lintu wove a rich, resilient and flexible orchestral fabric with magical-mythical power and radiance. The orchestra’s great festive moments were Siegfried’s gallant march on the Rhine River and the impressively thundering funeral march.
The international top level characterizes the entire show.
May 18, 2024
Finnish subtitles
This recording is part of a complete Ring cycle.