Über der Wiederaufnahme der letztjährigen Neuproduktion des Lohengrin stand kein guter Stern. Roland Wagenführer, der in der Premiere die Titelpartie wohl gerade noch bewältigen konnte, fiel wegen starker Indisposition für die folgenden Aufführungen aus. So kam es schon in der zweiten Vorstellung dazu, dass Roland Wagenführer den Lohengrin auf der Bühne spielte während Robert Dean Smith von der Seite aus die Partie sang. Da er am Abend zuvor schon den Stolzing in den Meistersingern gesungen hatte, waren seine Ermüdungserscheinungen gegen Ende der Partie nur allzu verständlich. Für weitere Aufführungen des Lohengrin sprang dann kurzfristig der finnische Tenor Raimo Sirkiä ein, um die musikalische Qualität der sechs Meistersinger- und sieben Lohengrin-Aufführungen so hoch als nur möglich zu halten.Die Inszenierung von Keith Warner verlor durch diese personellen Konstellationen natürlich an Spannung und Überzeugungskraft, was diese Inszenierung eigentlich in dem eindrucksvollen Bühnenbild von Stefanos Lazaridis, die Kostüme von Sue Blane und vor allem durch die phantastische Lichtgestaltung von Manfred Voss auszeichnet.Leider wirkte sich nicht nur diese szenisch-musikalische Notlösung mit zwei Lohengrinen auf die musikalische Qualität der Aufführung aus. Neben einigen instrumentalen Unpässlichkeiten war vor allem die Synchronität zwischen Graben und Bühne oft gefährdet. Trotz allem gelang Antonio Pappano eine durchaus zwingende musikalische Interpretation, die vor allem von der Klangpracht der erstmals von Eberhard Friedrich einstudierten Chöre gewährleistet wurde. Bisher Assistent von Norbert Balatsch, übernahm Friedrich in diesem Jahr die alleinige Verantwortung für das Chorleben auf dem Hügel. Sein Einstand mit Lohengrin, Parsifal und den Meistersingern ist jedenfalls glänzend gelungen.Wiederum bezaubernd und für sich einnehmend präsentierte sich Melanie Diener mit ihrer schlanken und wohlklingenden Stimme als Elsa. Auch der Heerrufer von Roman Trekel demonstrierte erneut seine großen stimmlichen Vorzüge. Zu Jean-Philippe Lafont als Telramund gesellte sich in diesem Jahr erstmals Linda Watson als Ortrud, die diese Partie weniger stimmgewaltig als ihre “Vorgängerin” Gabriele Schnaut, dafür aber feinsinniger und “hinterhältiger” gestaltete. Auch Eric Halfvarson mit seiner gewaltigen Bassstimme war als König Heinrich zum ersten Mal in dieser Produktion zu hören.Trotz aller Widrigkeiten bewährte sich dieser Lohengrin als attraktive und spannungsvolle Produktion, die auch in den nächsten Jahren nichts an ihrem Reiz verlieren dürfte.
Gerhard Menzel | Bayreuther Festspiele (II) 5. August 2000