Parsifal

Simone Young
Chor der Staatsoper Hamburg
Philharmoniker Hamburg
Date/Location
23 January 2011
Staatsoper Hamburg
Recording Type
  live   studio
  live compilation   live and studio
Cast
Amfortas Wolfgang Schöne
Titurel Wilhelm Schwinghammer
Gurnemanz Peter Rose
Parsifal Klaus Florian Vogt
Klingsor Antonio Yang
Kundry Angela Denoke
Gralsritter Jürgen Sacher
Levente Páll
Gallery
Reviews
rossignols.wordpress.com

Mit der unverwechselbaren Handschrift seiner Inszenierungen habe der amerikanische Regisseur Robert Wilson Theatergeschichte geschrieben, steht auf der Homepage der Hamburgischen Staatsoper anläßlich der Wiederaufnahme der Parsifal Inszenierung von 1991.

Als absoluter cineastischer Laie kenne ich Wilson nur dem Namen nach und so hatte ich es einigermaßen schwer in meinem bequemen Sessel. Der Verzicht auf die Darstellung jeglicher Handlung, die absolute Langsamkeit der abgezirkelten Bewegungen der Sänger, das dazu passende kontemplative Dirigat liessen mich im ersten Aufzug mehrfach ungewollt fast einnicken, und ich konnte mich nur nach längerer Anstrengung konzentrieren. Daß ich von fernöstlichen Riten und Ornamentik überhaupt keine Ahnung habe erschwerte meinen Durchblick noch mehr und so ließ ich mich, nachdem ich mich wieder konzentrieren konnte, einfach durch diesen Parsifal treiben, ohne tiefer nach der Bedeutung mancher Szenen zu schürfen.

Die Bühne ist leer. Zwei hintereinander versetzt angebrachte Gazevorhänge erzeugen mit einer ausgeklügelten Lichtdramaturgie ein Bild von Wasser. Kundry liegt unter einem Stoffbündel im Vordergrund. Gurnemanz trägt wie alle Akteure ein priesterhaftes langes schwarzes Gewand mit geometrischem Schnitt. Als eine weiss leuchtende Scheibe herabgelassen wurde und ein kristallartige Spitze aus dem Boden erwuchs hatte ich einen Moment den Eindruck, ich beobachte die Erschaffung der Welt. In der Mitte der Scheibe durfte man sich allerdings den Gral vorstellen.

In gleichem Stil ist Parsifal gekleidet, allerdings ist sein Gewand weiss. Immer befremdlicher wurde mir im Lauf des Abends, daß keine der „handelnden“ Personen die andere berührte. Es gab weder Kundrys Kuss, nicht die Andeutung von Fußwaschung oder Taufe, keine Gralsöffnung, keinen offenliegenden Konflíkt zwischen Klingsor und Kundry. Die Konzentration auf präzise abgestimmte Bewegungen ohne direkten Kontakt, oftmals nicht mal Sichtkontakt zum anderen ist sicher auch für die Sänger so einfach nicht.

Wolfgang Schöne, der für Wolfgang Koch eingesprungen war, sang einen akzeptablen Amfortas. Voller Bewunderung war und bin ich für Peter Rose und seinen fabelhaften Gurnemanz, der wie andere englischsprachige Kollegen auch mit einer glänzenden Diktion und sinnvoller Phrasierung aufwartete, für die man eigentlich nur dankbar sein kann als Besucher. Parsifal ist nach meiner Meinung mehr noch als Lohengrin die Rolle, die Klaus Florian Vogts immer noch eher lyrisch timbrierten Tenor passt. Die Mühelosigkeit der Höhenbewältigung ist wie die Entsprechung von Parsifals anfänglich sorglosem Auftreten. Als einfach sensationell würde ich Angela Denoke in der Rolle der Kundry bezeichnen, deren Erscheinung und Bühnenaktion an scherenschnittartige Bildern erinnerte. Stimmlich dürfte sie neben Waltraud Meier die beste Kundry gewesen sein, die ich hören durfte. Ihre Tongebung ist eindeutig, farbenreich und ausdruckstark, die Artikulation sehr klar.

Natürlich wurde die Qualität des Abends maßgeblich bestimmt durch das Orchester unter der Leitung von Simone Young. Ich bin mir nicht sicher, ob der Orchestergraben nach unten gefahren wurde, oder ob es an meinem Platz in der ersten Reihe einer Loge im ersten Rang lag, daß ich die Dirigentin kaum sehen konnte. Was ich aus dem Graben hörte war rundum erfreulich, die Abstimmung zwischen Bühne und Orchester klappte vorzüglich, das Dirigat unterstützte die Sänger und ermöglichte eine hundertprozentige Textverständlichkeit. Der Herrenchor, abgedunkelt in den beiden äusseren Logen des ersten Ranges platziert, sang dem schönen Niveau des Abends angepasst. Der Meinung war auch das übrige Publikum im ausverkauften Haus. Der Schlussapplaus war für Hamburger Verhältnisse überschwänglich.

Bei weiterhin kluger Programmauswahl und einer attraktiven Besetzungspolitik bleibt die Hamburgische Staatsoper für mich durchaus ein attraktives Ziel.

Rossignol | Januar 26, 2011

Rating
(6/10)
User Rating
(3/5)
Media Type/Label
Technical Specifications
320 kbit/s CBR, 44.1 kHz, 538 MByte (MP3)
Remarks
In-house recording
A production by Robert Wilson (1991)